Freitag, 3. Mai 2013

Offener Brief an Ministerpräsidentin Kraft (NRW)




Sehr geehrte Frau Kraft,

es macht immer wieder Freude, die Politik der SPD zu verfolgen, wenn man selbst Mitglied ist und im Vorstand eines SPD Ortsvereins arbeitet.

Ich habe schon vor Jahren, nachdem ich noch aktiv am Wahlkampf für Schröder teilgenommen und unsere Kandidatin für den Bundestag, Bundesfinanzministerin Ingrid Mattäus-Meyer, als Co-Wahlkampfleiter unterstützt hatte, das Handtuch geworfen, als ich die desaströse Politik der Agenda 2010 und ihre Auswirkungen auf Europa voraussah.

Im Bornheimer Rathaus hatte ich der Genossin Ingrid die Schlüsselfrage gestellt:

 „Was passiert mit der Euro-Gruppe / dem Euro, wenn Mitgliedstaaten die Defizit-Obergrenze nicht einhalten und sich überschulden?“

Mit dem Hinweis auf „Mechanismen“, die dann automatisch eingreifen, war die Frage für Ingrid erledigt. 

Heute ist die Frage durch die Macht des Faktischen beantwortet.

Die Euro-/Schulden-Bankenkrisen, verehrte Frau Ministerpräsidentin Kraft, ermöglichen Deutschland und auch NRW, sich günstig am Kreditmarkt zu finanzieren.

Zugegebenermassen ist vor allem die Verschuldung unseres Bundeslandes NRW auch auf miserable Politik der vergangenen Jahrzehnte zurück zu führen. Zu den verkannten Wohltätern zählten zweifellos die Landesregierungen ab Rau bis heute.

Die Politik, die auf Nationaler- und Länderebene gemacht wird, kommt der Versetzung des Bürgers in einen Drogenrausch nahe: Er darf nicht begreifen, dass es um reinen Machterhalt geht, wobei die politischen Neuerungen nichts anderes leisten, als in Bürgers Kopf die Illusion zu erzeugen, man kümmere sich um ihn und seine Probleme.

Wer einen Politikhorizont ausgehend von den 50ger Jahren besitzt, wird schnell feststellen, dass Politik  nach der "Wirtschaftswunderzeit" immer weniger geleistet hat. Dafür wurde aber immer mehr Sozialdemontage betrieben, besonders seitens der SPD. Die Verschuldung wuchs stetig, vor allem nach jeder politischen Maßnahme. Der Wendepunkt kam nach dem Ausscheiden von Heinz Kluncker (ÖTV) 1982 und legte mit der Wiedervereinigung und der Euro-Einführung rasant zu. 

Nicht der Bürger hat über seine Verhältnisse gelebt, die Politik war im Verschwendungswahn.

Wenn Sie nun bezüglich Ihrer neusten Entscheidung zur Übernahme / Teilübernahme, Nichtübernahme der Tarifabschlusses des Öffentlichen Dienstes für Landesbeamte betrachten, werden Sie sicherlich feststellen, dass Sie damit den Baum fällen, dessen oberster Ast Sie sind.

Ganz nebenbei stellen Sie das Deutsche Grundgesetz zur Disposition, denn es soll sie geben, oder gegeben haben, die Gleichheit vor dem Gesetz.

Die Argumentation ihres Finanzministers Walter-Borjans, dass man bei der Übernahme der Tarifabschlüsse für alle Beamte und Vesorgungsberechtigte 14.000 Stellen streichen müsste, ist absolut abstrus. Es ist ebenso abstrus wie die Verletzung internationaler Verträge zwecks Erhöhung des Steueraufkommens durch Ihre Finanzverwaltung, die ich bei der EU-Kommission zur Anzeige gebracht habe.

Woher stammte diese absolute Zahl der 14.000 Stellen überhaupt? Und wenn man wirklich 14.000 Stellen streichen könnte, dann sind diese doch sicherlich von vorn herein mit einem KW-Vermerk zu versehen, weil sie überflüssig sind.

Wir haben im öffentlichen Dienst des Landes NRW doch am eigenen Leib erfahren, wie die Arbeitszeit z.B. für Lehrer immer weiter erhöht und in EU-Staaten bei steigenden Gehältern auf 18 Wochenstunden reduziert wurden, ohne dass hier zusätzliche Verwaltungsarbeiten, Pausenaufsicht, aufwendige Korrekturen zu leisten sind. Zusätzlich leisten sich Portugal und Spanien 14 Monatsgehälter pro Jahr. Der „normale“ Polizist in Spanien z.B. kann sich eine Eigentumswohung und ein eigenes Feriendomizil leisten. Teilen Sie das mal den Kollegen mit, damit sie sehen, wie deutsche Banken den Immobiliensektor im Ausland belebten und in Deutschland mit der Vergabe von Hypotheken knauserten.

Was die "gut bezahlten" Beamten im höheren Landesdienst angehen, kann ich mich noch gut an die 80ger / 90ger Jahre erinnern, als ähnlich ausgebildete Beschäftigte der freien Wirtschaft uns teils als Paria bedauerten.

Es ist nicht Ihre Aufgabe, verehrte Frau Ministerpräsidentin, ambitiöse Politik zu betreiben, wenn sie eine Mehrklassen-Beamtenpolitik beinhaltet.

Der BAT IIa- und- aufwärts- Angestelle bekommt 5,6% mehr, sein Beamtenequivalent A13 und höher bekommen 0%.  

Ich dachte, als Sozialdemokrat hätten wir die Klassenpolitik überwunden.

Wenn unsere Verwaltung, die ich aufgrund meiner internationalen Kenntnisse noch für hervorragend qualifiziert betrachte, nicht unter dem Gleichheitsaspekt finanzierbar ist, erklären Sie doch den Staat bankrott.

Und wenn er bankrott ist, weil Steinbrück Rückstellungen für die Beamtenpensionen in marode griechische Staatsanleihen angelegt hat, und Sie und Ihre Vorgänger zwecks Machterhalt den Bürgern Substanzen in Form von Politikprodukten unterjubeln, die anscheinend das Leben in NRW lebenswerter machen, ist damit nicht gerechtfertigt, den Primat des Grundgesetzes einer arbiträren Entscheidung einer rot-grünen Regierung zu opfern.

Und was Ihre ebenfalls arbiträre Aufteilung Ihrer Beamtenklassifizierung: 1 Klasse bis A10; 2. Klasse bis A12; 3. Klasse ab A13 angeht, finden sich alle Beamte in einer geltenden Besoldungsordung wieder, die rechtlich klar durch Gesetz definiert ist. Sie manipulieren wahrscheinlich diese Besoldungsordnung, deren Sinn Sie möglicherweise auch nicht verstehen, weil sie keine Berufsbeamtin sind, vermutlich kein diesbezügliches Studium und Laufbahnprüfungen voweisen können. Sie werden auch nicht systemkonform dauernd auf ihre Qualifikation überprüft und ihre vermutliche Verantwortlichkeit endet mit ihrem Mandat.

Sehr verehrte Frau Kraft, auch Sie verkörpern mit Ihren angekündigten Entscheidungen in einer Zeit, in der die Steuerennahmen sprudeln den Politiker, der unter Beweis stellen, dass das Demokratieverständnis sich in den 65 Jahren zum Nachteil verändert hat.

Es ist ebenso degeneriert wie die wirtschaftliche Entwicklung der Bundesrepublik, die den dienenden Bürger, den Arbeiter, den Rentner systematisch unter politischer Aufsicht vom Gewinn entkoppelt.

Man sollte als Bürger in Deutschland und auch in NRW in der Lage sein, ein am wirtschaftlichen Erfolg ausgerichtetes, würdiges Einkommen zu erzielen, wobei die Unterschiedlichkeiten in der Diversität der Ausbildung / Aufgaben durchaus akzeptabel sind. Wenn Sie jedoch meinen, dass Sie als Landresregierung bankrott sind, habe ich dafür Verständnis, wenn Sie es öffentlich deklarieren.

Wie sich in Deutschland zeigt, muss man Alternativen zur SPD, CDU, FDP, Grüne suchen, die imstande sind einen Paradigmenwechsel durchzuführen.

Die Bundestagswahlen stehen an und ich rufe alle demokratischen Bürger auf, die Politik von 1950 bis heute Revue passieren zu lassen, um festzustellen, wie deutsche Politiker im Einvernehmen mit der Industrie Sozialabbau betrieben haben und verschärft durch die Agenda 2010, Einkommensreduzierung, Rentenkürzungen, Dumpingpreise und fehlende politische Gesamtaufsicht in Europa die Krise maßgeblich mit verantworten müssen.

Nicht der Bürger, nicht die Rentner haben die Euro-, Schulden,- Banken,- NRW-Finanzkrise zu verantworten, sollen aber die Zeche bezahlen.

Wer zahlt, hat auch Rechte.

Ich beanspruche sie.




Mit freundlichem Gruß an mein Bundesland NRW

Karl Engelbert Wefers


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Und übrigens meine ich, dass unfähige Politiker Krisen verursachen.


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