Politiker
und Journalisten reden über die Finanzkrise und man sollte der
Meinung sein, dass sie über fundiertes Wissen verfügen.
Es ist
jedoch erschreckend, immer wieder festzustellen, dass Politiker meist
nicht einmal das wissen, was sie auf ihren Arbeitsblättern, von
"Experten" vorgefertigt, serviert bekommen. Dass die
"Experten" vielfach mit "Nichtwissen"
ausgestattet sind, entgeht den Adressaten vollständig.
Journalisten
informieren sich prinzipiell besser, es sei denn, dass sie auf Grund
fehlender Fremdsprachenkenntnis nicht in die Wirtschaftsrealität
eines Landes eintauchen können.
So
geschehen in vielen Medien und zuletzt in der "Süddeutsche
Zeitung", in der Nikolaus Pieper u.a. schreibt;
"Spanien
und Irland erwirtschafteten vor Ausbruch der Krise
Haushaltsüberschüsse. Noch heute ist der Schuldenberg Spaniens
(68,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, BIP) niedriger als der
Deutschlands (82,4 Prozent). Die spanische Krise lässt sich
jedenfalls aus der Haushaltspolitik nicht deuten."
Sehr wohl lässt sich die Krise aus der Haushaltspolitik erklären. Die spanische Wirtschaft stand auf den Füßen von drei Monokulturen: Obst/Gemüse, Tourismus und Bauwirtschaft. Traditionell besitzen über 80% der spanischen Haushalte eine Eigentumswohnung, sehr viele besitzen mehrere Wohnungen.
Schon in
den 90er Jahren begann in Spanien ein Bauboom im großem Umfang,
nicht weil es einen realen Bedarf gab. sondern weil aufgrund von
Spekulation die Wohnungen bis ca. 2005 einen jährlichen Wertzuwachs
im zweistelligen Prozentbereich auswiesen. Als Konsequenz wurde bei der
jüngeren Bevölkerung die Ausbildung zugunsten der hohen
Verdienstmöglichkeiten im Baugewerbe aufgegeben. Die direkten
Steuereinnahmen stiegen extrem und aufgrund des explodierenden
Konsums vervielfältigten sich auch die Einnahmen durch die
Mehrwertsteuer.
Dem Staat
flossen zudem noch hohe Einnahmen aus EU-Strukturmittel zu.
Durch den
Bauboom und Erstellung von zig Millionen von Wohnungen kassierte der
Staat bei Neubauten (Ersterwerb) 7% Mehrwertsteuer, währenddessen
die Einnahmen aus Käufen des Zweiterwerbs (ebenfalls 7%) als
"Transaktionssteuer" an die Autonomen Regionen ging. Die
Städte und Gemeinden kassierten nochmals bei Zweiterwerb/Altbauten
die Steuer für den "Mehrwert" der zwischen dem Erst- und
Zweiterwerb aufgelaufen war.
Alle Zuliefer- und Ausstattungfirmen für den Bau- Wohnbedarf boomten.
Alle Zuliefer- und Ausstattungfirmen für den Bau- Wohnbedarf boomten.
Als
reales Beispiel für die in Spanien übliche Immobilienspekulation
des letzten Jahrzehnts:
Wohnungspreis
bei Planung : 96.000 Euro
Wohnungspreis
bei Fertigstellung: 130.000 Euro
Wohnungspreis
bei Wiederverkauf der unbenutzten Wohnung nach 2 Jahren 165.000 Euro
Beispiel
für die Finanzierung als Spekulationsobjekt.
1) Es
wurde ein privater Kaufvertrag über die Wohnung abgeschlossen mit
der Option, dass die Grundbucheintragung auch auf andere Personen
übertragen werden kann.
Kaufpreis.
96.000 Euro fällig bei Grundbucheintrag.
Es fallen
6.000 Euro an Reservierungskosten an.
2) Die
Wohnung ist erstellt. Man hat einen Käufer für 130.000 Euro
gefunden. Auf seinen Namen findet die Grundbucheintragung statt,
jedoch auf den Preis von 96.000 Euro. Steuerfreier Gewinn (schwarz): 28.000
Euro in 2 Jahren bei einem Einsatz von 6.000 Euro.
3) Der
Neubesitzer verkauft nach 2 Jahren für 165.000 Euro.
Beispiel
für die Finanzierung als Wohnobjekt:
1)
Kaufpreis 130.000 Euro; Eigenkapital: 0
2)
Finanzierungskosten für Steuern, Notar und Hypothekensteuer 10%,
total:143.000 Euro
3)
Maklerkosten 12.000 Euro: total 155.000
4) Möbel
und Hauselektronik: 20.000: total 175.000 Euro
5) Neues
KFZ 35.000 Euro; total: 210.000 Euro
210.000
Euro wurden ohne Probleme in Spanien ohne Prüfung von den Banken
finanziert. Man vertraute auf eine jährliche Wertsteigerung der
Immobilien von 10-12,5 %.
Durch
diese Art der Finanzierung wurde der Innlandsverbrauch und somit die
Staatseinnahmen massiv gesteigert.
Die
Situation heute:
Aufgrund
des Zusammenbruchs der Immobilienblase in Spanien wurde aus der
Euro-Fiesta ein Trauerspiel. Beispiel, die o.a.
Immobilienfinanzierung:
Hypothekenwert
der Immobilie: 210.000 Euro
Verkehrswert
nach dem Zusammenbruch des Markten: 58.000 Euro
Die
Hypothek wurde nicht mehr bezahlt, weil der Erwerber seinen Job
verloren hat (zur Zeit über 5 Millionen Arbeitslose in Spanien =
über 21%)
Zwangsversteigerung
oder Rückkauf durch die Bank zum Verkehrswert von 58.000 Euro; Abwicklungskosten.
Restschulden
zu bezahlen: 152.000 Euro, die Immobilie ist weg. Die Kosten
begleiten den ehemaligen Eigentümer ein Leben lang und werden
auf seine Kinder vererbt. Privatinsolvenz gibt es in Spanien nicht.
So sieht
es in unzählbaren Familien in Spanien aus.
Das
Problem Spaniens ist nicht so sehr die Staatsverschuldung (auch sie
dürfte kreativ bearbeitet sein) sondern die extreme Verschuldung der
Privathaushalte, Gemeinden und Autonomen Regionen, die extrem hohe und noch immer wachsende
Arbeitslosigkeit, die ausstehenden Strukturänderungen, das
ungebremste Verlangen nach Konsum auf Pump und die Liquidationsklemme
der kleinen und mittleren Unternehmen (PYMES).
Für den
Kenner ist Spanien schon pleite.
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