Wie
wär 's mit etwas Demut statt Wut und Empörung“, betitelt Frank Schmiechen seinen Artikel in Welt Online. " 'Dicker Hals'
und Untergangssehnsucht sind die populären Befindlichkeiten unserer
Zeit. Wir brauchen mehr Mut, Fantasie, Stil- und eine Portion
Demut.", fährt er fort.
Wie
wär's mit ein wenig mehr Wut und Empörung sind jedoch Äußerungen
einer Bevölkerung, die aus Ohnmacht reagiert. Es handelt sich um
Menschen in unserer pluralen Kommunikationsgesellschaft, die an
"ihrem" Staat teilgenommen haben, sei es durch Wahl von
Personen und Parteien, die versprochen haben, einen Auftrag zu
erfüllen, sei es durch Enthaltung als Protest für ein
Politikverhalten, das für diesen Personenkreis nicht mehr
unterstützungswürdig ist.
Wenn
nun in der heutigen Zeit die Wut und Empörung aus dem Gefühl der
Ohnmacht resultiert, ist es richtig, dass wir "mehr Mut,
Fantasie, Stil - und eine Portion Demut" brauchen.
Wir,
das sind die Politiker, die uns vertreten. Wir, das sind die
fantasielosen Politiker, die die Krise vor sich her schieben. Wir,
das ist der stillose Umgang mit den Arbeitern und Rentnern und das
"stilhaltige" Finanzieren der Banken.
Demut
stammt aus dem Althochdeutschen diomuoti und
bezeichnet semantisch "Gesinnung eines Dienenden".
Die
Politik dient dem Menschen und die vom Souverän bestimmten Politiker
haben ihre Aufgabe mit Demut zu erfüllen, daran sollte Herr
Schmiechen denken, wenn er den Begriff gebraucht.
Es
ist reine Polemik, die Wut und die Empörung wegen ihrer Auswüchse,
die manchmal das Erträgliche überschreiten, zum Anlass zu nehmen,
um auf alle diejenigen zu schlagen, die fühlen, dass es einen
eklatanten Bruch zwischen Gesellschaft und Politik gibt, der immer
größer wird. Aber betrachten wir "Polemik" als
rhetorisches Stilmittel.
Es
ist aber nicht nur das legitime Interesse der Menschen, gegen
Missstände in den politischen Systemen zu protestieren, es ist vor
allem die Pflicht der Presse, das Ohr in Volkesnähe zu halten und
für eine freiheitlich-demokratische Ordnung einzutreten.
Wenn
Demut sich aber nicht auf die Politiker sondern auf die gequälte
Gesellschaft bezieht, die für das Funktionieren der
Gewinnmaximierung von Unternehmen und Banken sorgt, ist sie
verwerflich, denn sie fördert die stumme Akzeptanz politischer
Maßnahmen der Obrigkeit, unreflektiert und zum Schaden der
Demokratie.
Dass
nicht jeder Protest die intellektuellen Ansprüche eines Journalisten
erfüllt, muss eine Demokratie ertragen können.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen