Die Medien laufen Amok, einige Literaten schlagen in die gleiche
Kerbe wie die Medien und manche meinen sogar, dass Günter Grass der Wolf
im Schafspelz ist, der seit Jahrzehnten sein Innerliches verborgen
hatte, im Grunde ein Nazi war und es geblieben ist.
"Rolf
Hochhuth (81) griff Grass direkt an: „Du bist geblieben, was Du
freiwillig geworden bist: der SS-Mann, der das 60 Jahre verschwiegen
hat, aber den Bundeskanzler Kohl anpöbelte, weil der Hand in Hand mit
einem amerikanischen Präsidenten einen Soldatenfriedhof besuchte, auf
dem auch 40 SS-Gefallene liegen“, schrieb er in einem offenen Brief, den
„Münchner Merkur“ und „Die Welt“ am Samstag veröffentlichten.", teilt "Fokus mit.
Sicherlich
hat sich Hochhut in Stil und Inhalt vergriffen. Sicherlich würde
Hochhut seinem Kollegen Grass den Nobelpreis aberkannt sehen mögen,
Sicherlich hält er sich selbst für den besseren Menschen, den besseren
Literaten, den besseren Vertreter deutscher Politik.
Ja,
Grass hat sich schuldig gemacht. Schuldig indem er sich in seinem Leben
auf eine Art und Weise politisierte, die ihm nunmehr zum Schaden dient.
Jeder Literat ist auch ohne direktes politischen Engagement politisierend, in seinem Leben und in seinem Werk.
Was
Günter Grass jedoch in seinem Gedicht in Prosaform von sich gibt, ist
nicht als literarisches Werk zu sehen, es ist nicht mehr als das
Statement eines Menschen, der sein Leben lang dem dichterischen Erfolg
dienend das versucht hat, was die politische Korrektheit in jeder Phase
seines Lebens einforderte.
Es ist Grass in keiner Weise
vorzuwerfen, dass er eine soziale Angepasstheit so ausübt, wie jeder
Mensch, der in der Öffentlichkeit steht, öffentliche Ämter ausfüllt oder
in Lehre und Forschung seinen Platz finden will.
Unsere
Gesellschaft ist nicht so frei, dass sie wirklich Meinungen zulässt,
die nicht vom Zeitgeist und seiner vermeintlich politischen Korrektheit
abweichen.
Günter Grass hat seine Meinung gesagt, das sollte ihm auch in seiner exponierten Stellung zustehen.
Selbst
wenn man seinem "Gedicht" in Prosaform unterstellen wßrde, wie es in
abstruser Weise geschehen ist, dass es einem Faktenscheck nicht
standhalten kann, ist das noch lange kein Grund, einem Literaten, zu dem
man stehen kann, wie man will, im wahrsten Sinne des Wortes tot zu
schlagen.
Dichterisches Schaffen ist der Umgang mit
Worten, die Arbeit mit Verfremdungen, die Schaffung von Leerstellen, die
Reduktion, dichterische Werke schaffen Möglichkeiten des Eintauchen des
Lesers in das nicht Gesagte, die Integration der eigenen Persönlichkeit
mit dem dichterische Werk.
Wenn man nunmehr sagt, dass
Grass "zurückrudere", dass er erkläre, ist das nur ein Zeichen dafür,
dass hier kein literarisches Produkt eines Dichters oder Schriftstellers
vorliegt sondern nur die vielleicht unglückliche Meinung eines alten
Mannes, der sich zweifellos mit seinem Lebenswerk um die Weltliteratur
verdient gemacht hat.
Grass weiß als Dichter, dass
jedes künstlerische Werk, ist es erst einmal veröffentlicht, nicht mehr
Eigentum des Künstlers ist. Es wird vom Geist des Lesers durchdrungen
und wird so öffentlich für die Gesamtheit der Adressaten.
Grass weiß als Dichter. dass er als Schaffender nicht qualifiziert ist, sein Werk zu interpretieren.
Nehmen
wir also das "Gedicht" von Günter Grass als das, was es ist, eine
subjektive Objektivität. Räumen wir aber auch ein, dass unsere eigene
Meinung den selben Rahmen meist auch nicht überschreitet.
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