Die Bundeskanzlerin nähert sich Europa weniger mit dem Geschichtsbuch als mit dem Taschenrechner. Und der spuckt zurzeit Zahlen aus, die der Rest der EU-Staaten nur mit Fassungslosigkeit registrieren kann. Während drei von ihnen wirtschaftlich schon in existentielle Bedrängnis geraten, andere an gezählt sind, erlebt der Koloss in der Mitte die Finanzmarktkrise geradezu als wirtschaftlichen Jungbrunnen und muss sich bloß überlegen, ob er den meisten Stolz auf seine Wachstums-, Export- oder Arbeitslosenzahlen legen soll."
Für den Leser stellt sich jetzt die Frage, wer in Europa, welcher der klammen Staaten hat das Geld, die deutschen Produkte zu kaufen.
Sicher ist, dass man auf spanischen Straßen vermehrt Audi Q7, Porsche Cayenne und sonstige Luxusautos Made in Germany sieht, die mit Reifenprofilen von weniger als 1 mm fahren. Das Geld für die neue Beschuhung der Boliden fehlt. Ebenso fehlt das Geld, neue Autos der Preisklasse 70.000-140.000 Euro zu kaufen, weil die Banken kein Geld für Kredite mehr haben. Sollten sie jedoch über Kapital verfügen, wird heute eine Risikoprüfung durchgeführt, eine für Spanien neue Strategie.
Kleine und mittlere Unternehmen ächtzen unter der Schuldenlast und können wegen der fehlenden Kreditlinien keine Investitionen mehr durchführen.
Das Geld ist so knapp, dass selbst die staatlichen Krankenhäuser den Pharmaunternehmen die stolze Summe von 5 Milliarden Euro schulden.
In Irland, Portugal, Griechenland wird die Problematik noch größer sein. Sie sind also, wenn überhaupt, noch schlechtere Absatzmärkte für deutsche Produkte.
Woher kommen also die Einnahmen der deutschen Wirtschaft, die trotz der EU-Staaten und der Finanznot boomt? Wird nicht immer behauptet, dass auch die genannten Länder deutsches Wirtschaftswachstum anfeuern? Was ist mit der Behauptung, dass unsere Absatzmärkte hauptsächlich in den Ländern der Euro-Gruppe liegen?
Spanien boomte mehr als 10 Jahre und die Bürger in Deutschland mussten sich die Gürtel enger schnallen. Aus dieser, für Spanien höchst angenehmen Entwicklung, entstand in Deutschland weder Neid noch Hass.
Es ist sicherlich so, dass das Argument deutscher Politiker, Deutschland profitiere von der Euro-Gruppe, so nicht stimmt.
Berücksichtigen wir auch noch, dass ein Großteil der deutschen Produkte ganz oder teils gar nicht in Deutschland, sondern in der EU oder in China, Indien oder anderen Ländern hergestellt werden, ist das Argument ad absurdum geführt.
Deutschland profitiert von der Euro-Gruppe, wie diese von Deutschland. Die Europäische Union ist keine Moralangelegenheit sondern durch harte Wirtschaftsprozesse gekennzeichnet, das sieht man auch bei der EHEC-Problematik.
Die Einführung des Euro war eine Zwangsmaßnahme, der Preis für die deutsche Wiedervereinigung. Die Rechnung ist mehr als bezahlt.