Europa war eine nicht einmal halb ausgegorene Idee auf der Basis einer Wirtschaftsunion. Sie ist schlichtweg gescheitert. Auf die Frage, wer für das Scheitern verantwortlich ist, gibt es viele Antworten. Eine davon ist, dass das Scheitern von Anfang an integrierter Bestandteil des Konstruktes war.
Ein anderer Grund liegt in der Unfähigkeit der "Erbauer" Europas, ihren Motivationen und die Nicht-Aufarbeitung der (nicht-) erkannten Mängel.
Auf der einen Seite liegt das Bedürfnis, Deutschland und seine ökonomische Kraft an "Europa" binden zu wollen, um alte Ängste zu eliminieren (Anmerkung; Man muss nur die europäische Presse verfolgen, um festzustellen, das dieses Anliegen nicht gelungen ist.)
Auf der anderen Seite haben wir das Bedürfnis Deutschlands nach Souveränität (s. Aussage Schäubles), die sozusagen nur innerhalb Europas gewährleistet ist.
Alles ist gescheitert und unter dem Strich sind wir immer noch ein besetztes Land.
Was aber die Entwicklung Europas in Bezug auf die Schuldenkrise angeht, sollte man wohlweislich überlegen, ob es nicht besser wäre, die juristisch möglichen Mittel einzuleiten, resistente Schuldensünder und solche, bei denen es absehbar ist, dass sie nur mit immensen Krediten bedingt weiterleben können, aus der Europäischen Union zu entlassen.
Sonst kommt es zwangsläufig dazu, dass "Europa" den demokratischen Ansatz verliert und anderen Ländern eine Zwangsverwaltung auferlegt.
"Griechenland soll Haushaltskontrolle an die EU abgeben", lautet die Meldung von AFP.
Weiterhin wird ausgeführt:
"In griechischen Regierungskreisen wurde bestätigt, dass der Eurogruppe
ein inoffizielles Arbeitsdokument vorgelegt wurde, das die Übernahme der
Kontrolle über die griechische Finanzpolitik durch die EU vorsieht. Für
Griechenland komme eine solche Möglichkeit aber nicht in Betracht: "Es
ist ausgeschlossen, dass wir das akzeptieren, diese Kompetenzen fallen
unter die nationale Souveränität", hieß es in Athen."
Allein das Ansinnen, in die Souveränität einer anderen Nation eingreifen zu wollen, ist ein Frontalangriff auf demokratische Prinzipien, der nicht zu tolerieren ist, denn es wäre der Anfang vom Ende unserer freiheitlich demokratischen Ordnung.
Darum sollte die Initiative der Problemlösung, wenn ein Ausschluss nicht machbar sein sollte, von Griechenland und den Staaten ausgehen, die in einer ähnlichen Situation sind. Und die heißt: Austritt aus der Euro-Gruppe. Dieser Schritt sollte schnell und in Absprache der Staaten gemeinsam zu einem Zeitpunkt erfolgen, so dass weitere Spekulationen von Anfang an ausgeschlossen sind.
Kontraproduktiv ist diese Meinung:
"Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bekräftigte in der "Bild am
Sonntag", sie rechne trotz der Schuldenkrise mit einem Verbleib
Griechenlands in der Euro-Zone. Sie gehe davon aus, dass Griechenland in
der Währungsunion bleibe und dass weitere EU-Staaten den Euro
übernehmen."
Hier deutet sich der Offenbarungseid der Politik der Bundesrepublik Deutschland und der EU / Euro-Gruppe an.
Sonntag, 29. Januar 2012
Donnerstag, 26. Januar 2012
Robert Zoellick: „ Das ist europäische Führerschaft."
„Deutschland muss den Weg weisen“
ist eine der Thesen des Präsidenten der Weltbank.
Was dieses bedeuten kann, sagt er
selbst zu Beginn seines Kommentars in der Financial Times Deutschland
vom 26.01.2012.
„Häufig wurden sie (die Deutschen)
gedrängt, eine Führungsrolle zu übernehmen, nur um dann
Aggressivität vorgeworfen zu bekommen. Aber kein anderes Land kann
Europa aus der Krise führen und erneuern“.
Zwei Aspekte erscheinen mir wichtig und
bedürfen der „Durchleuchtung“.
Es handelt sich um die von Zoellick zugeordnete Fähigkeit der Bundesrepublik Deutschland, Europa aus der
Krise herauszuführen. Dazu bedarf es aber auch der Klärung, warum
andere europäische Lander in die Krise geraten sind, welchen Anteil
sie daran selbst tragen und inwiefern Deutschland schuldhaft an an
der Verschuldung dieser Staaten beteiligt ist.
Hier wenige Anmerkungen:
0. Es gibt keine Definition Europas.
- Die EU ist nicht die, wie sie sich in den Europäischen Verträgen darstellt.
- Die EU ist ein Staatenverbund mit dem Versuch, wirtschaftlich zu kooperieren.
- Die EU ist ein Markt für die Teilnehmerstaaten, in dem die einen mehr produzieren / exportieren und die anderen mehr konsumieren / importieren.
- Die EU ermöglicht die Entstehung von Spekulationsblasen und subventioniert so die Staats-, Regional- und Kommunalfinanzierung. Beispiel Spanien; Mehrwertsteuer auf Neubauten (national), Verkaufssteuer bei Gebrauchtobjekten (regional/ autonome Regionen); Wertsteigerung der Objekte (Plusvalía / kommunal). Größendimension zurzeit, ca. 1,5 Millionen leerstehende Objekte in Spanien.
- Die EU ist ein Konglomerat verschiedenster Konzepte, die aus den divergierenden Mentalitäten der soziokulturellen Realitäten besteht. Selbst innerhalb der nationalen Räume gibt es eklatante und nicht zu lösende Divergenzen. Beispiel: Spanien und das Spannungsverhältnis zwischen Nationalstaat, Katalonien, Baskenland, Galizien.
- In der EU gibt es -de jure- Führungsinstitutionen. -De facto- entscheiden die Nationalregierungen (mit der Führerschaft der „starken Nationen“).
- In der EU ist eine politisch-gesellschaftliche Zusammenführung in allen Bereichen nicht möglich. Als Beispiel betrachte man die Jurisdiktion in den Mitgliedsländern der EU, die mit ihrer Gerichtsbarkeit untscheidlicher nicht sein kann. Auch hier gibt es wieder unüberwindliche Unterschiede, die sich aus den nationalen Grundgesetzen / Verfassungen ergeben, die teils wieder innerhalb eines Landes diversifiziert sind. Beispiel: Spanien, Gerichtsbarkeit mit starken regionalen Abweichungen, eingeständige regionale Gerichtsbarkeit durch den „Derecho Foral“.
Eine Führerrolle der Bundesrepublick
Deutschlands so wie jede Art von Führungsversuch, würde an der Fülle diversifizierter nationaler
Vorstellungen und Bedingungen scheitern. Man nehme nur das „Verhalten
Griechenlands oder Ungarns als ein Beispiel für offensichtliche und
nicht aufzulösende Unterschiede
Eine Führerschaft Deutschlands wird
immer zu Friktionen führen. Das sieht man heute schon deutlich in
den Nationalstaaten, die unter der Schuldenkrise leiden. Alte
Vorurteile werden bemüht und wir Deutschen als Nazis bezeichnet.
Uns steht die Rolle, in Europa zu
führen nicht zu, weil wir uns aus historischer Sicht besser davon
fernhalten. Führen, Führer, Führerschaft, Führerrolle, sollten
für uns Deutsche in Bezug auf Europa und die Welt ein Tabu sein.
Das schließt natürlich nicht aus,
dass wir mit Selbstbewußtsein und angemessener Verantwortung unser
Leben angehen, Positionen einnehmen, die uns betreffen und dabei die
Animositäten der anderen nicht erwecken. Bescheidenheit ist auch eine
Qualität, die wir leben können.
Eine Führerschaft durch die
EU-Institutionen ist auch zu verwerfen, weil hier nur ein Apparat
entstanden ist, der extreme Kosten verursacht und die vorstehend
genannten Unterschiede nicht wegadministrieren kann.
Fazit:
Wir müssen die Erkenntnis zulassen,
dass das Europa, was wir mit Idealismus angestebt haben, gescheitert
ist. Wir müssen uns neu in die Welt einbringen, mit
Selbstbewustsein, aber auch mit der Bescheidenheit, dass wir nur als
Teil einer Gesamtkonzeption leben können, die nicht Europa ist.
In der Globalisierung haben wir einen
Indikator, der uns auf eine neue Konzeptualisierung hinweist.
Dazu müssen wir alte Zöpfe
abschneiden und möglicherweise den Satz der 68ger aufgreifen: „Unter
den Talaren, der Muff von 1000 Jahren.“ (Wobei der Muff des
EU-Konstruktes in kürzerer Zeit und größerer Konzentration
entstanden ist.)
Europa ist "out".
Mittwoch, 25. Januar 2012
Merkels Auguren, -mal anders gesehen!
Den Vogelflug mag in der heutigen Zeit
niemand mehr zu interpretieren, um feststellen zu wollen, dass die
Götter einem politischen Vorhaben günstig gesonnen sind.
Heute gilt es, Entwicklungen an Märkten
zu beobachten und sie zu interpretieren. Dabei ist es notwendig, über
Methoden zu verfügen, die eine in die Zukunft projizierte
Entwicklung ermöglichen.
Was geschieht jedoch, wenn die Methoden,
die fast immer systemimmanent entwickelt wurden, den Quatensprung
nicht realisieren können, wenn sie daran scheitern, dass das System
an sein Ende gelangt ist und eine Neuorientierung aus den Indikatoren
noch nicht ersichtlich ist?
Dann treibt man frei und
orientierungslos und ohne die Möglichkeit, durch Kontrolle die
Ereignisse in ihrem Ablauf ändern zu können.
In dieser Situation sind wir heute. Wir
erflehen förmlich, dass uns die Topökonomen eine Richtung weisen,
die uns wieder Planungssicherheit verschafft. Dieses geschieht nicht,
weil es nicht geschehen kann. Alle derzeitigen Einwirkungen auf die
Wirtschaft verlaufen nur in eine Richtung: Der Vergrößerung der
Geldmenge.
Dabei haben wir schon längst die
Grenzen überschritten, die uns unser Weltwirtschaftssystem bot. Nicht
in Richtung einer Neukonzeption sondern in Richtung einer
Übersaturierung, die zwangsläufig den Zerfall des jetzigen
Geld-/Finanzsystems beschleunigen wird.
Um so größer wird die Notwendigkeit
für den Systemcrash Alternativen zu entwickeln. Daran sollte Politik
arbeiten und nicht an palliativen Maßnahmen. Soll der Patient in
Ruhe und Würde sterben.
Was die Indikatoren angehen, die für
die Entwicklung unserer Gesellschaften bedeutsam sind, ist es
zwingend, die Differenz zwischen einer ursprünglichen
Geschäftsgrundlage und dem Ad-Hoc-Zustand festzustellen. Hier könnte
man die eigentliche Divergenz erkennen, um zu sehen, in welche
Richtung sich Gesellschaften weiter aber auch zurück entwickeln.
Es ist doch ein Irrtum anzunehmen, dass
die gesellschaftliche Entwicklung zwangsläufig einen progressiver
Zuwachs darstellt, den unsere Welt weitläufig mit sozialem und
ökonomischen Wohlergehen versteht. So wie Lernzuwächse daszu führen,
dass man in einem Bereich additiv und gleichzeitig dadurch bedingt in
einem anderen Bereich substaktiv lernt, so kann man analog auch davon
ausgehen, dass auch Wirtschaftsabläufe so funktionieren. Bedeutsam
sind die Verhaltensänderungen die Produkt eines Lernprozessen sind.
Merkel braucht also keine Auguren
sondern Menschen, die ihr zeigen, in welchem Bereich wir
geld-/finanzpolitische gewinnen und gleichzeitig, in welchem Bereich
wir verlieren werden. Eine umfassende Schau der
Gesellschaftsentwicklung ist aber noch bedeutsamer.
Um diese, aus meiner Sicht zwingende
Interdependenz aus Gewinn und Verlust beurteilen zu können, bedarf
es nicht nur der Topökonomen, sondern der geballen Kraft
wissenschftlicher Erkenntnis, die interdiszipliär beratend tätig
werden muss.
Die Zeit ist längst vorbei, in der
sich Spartendenken und -mit Verlaub- Fachidiotie nicht einmal die
Finge reichten.
Die Kraft, der Schuldenkrise, der
Systemkrise zu entkommen liegt in uns selbst, in der Vernetzung
unserer intellektuellen Möglichkeiten, nicht innerhalb des
divergierenden „Europas“.
Und diese Möglichkeiten besitzen wir
in Deutschland, ohne Zweifel.
Dienstag, 24. Januar 2012
Schuldenkrise: Tobias Bayer (FTD) steht zu deutschem Sparverhalten
Wieder einmal veröffentlicht die Financial Times Deutschland eine lesenswerte Kolumne von Tobias Bayer: "Ausgeben muss eine sichere Bank sein"und begründet die Haltung der Bürger in Deutschland mit dem Tenor, dass das Knausern in den "Institutionen liegt", die traditonsmäßig "das Sparen fördern".
Es geht also mit Blickrichtung auf andere Staaten, auch diejenigen der Europäischen Union einschließlich der Euro-Gruppe, um national erworbene Haltungen. Darum sollte man nicht den Antagonisten Deutschlands in der EU suchen, wenn es um europäische Belange geht, sondern in den nationalen Haltungen eines jeden EU / Euro-Gruppen-Staates mit seiner eigenen geldpolitischen Identität.
Das macht die eigentliche Problematik aus. Sie war immer vorhanden, wurde aber in Zeiten des Überflusses nie thematisiert, wohl auch, weil sowohl Politik und auch die Ökonomen wussten, dass sich hier eine Divergenz der Interessen auftut, die nicht zu lösen ist.
Aufgeschoben ist aber, wie sich in den letzten Jahren zeigt, nicht aufgehoben und die Realität hat uns erreicht.
Bayer zeigt auf, " Während Italien und Spanien für die Bevölkerung schmerzhafte Reformprogramme auflegen und ihre Hausaufgaben machten, lasse Berlin sie im Stich".
Wichtig bei der Analyse dieser Aussage ist die Perspektivität.
Die schmerzhaften Reformprogramme folgen nach einer Zeit von Prosperität, die im gleichen Zeitraum in Deutschland nicht vorhanden war. Das bezieht sich auf die Einkommen, die Renten und den Zuwachs an Immobilien.
Was also in den EU-Staaten mit den Finanzproblemen vor sich geht, ist nichts mehr als eine technische Korrektur, wie wir sie vom Aktienmarkt her kennen.
Die "Schmerzhaftigkeit resultiert in erster Linie aus den fehlenden finanziellen Rückstellungen in den guten Jahren, was natürlich markant auch für den Privatsektor in Spanien fest zu stellen ist.
Aus dem Überfluss in den Sparmodus übergehen zu müssen ist hart, wenn man es nicht gelernt hat.
Bezüglich der "Hausaufgaben", die zu machen seien, gibt es natürlich auch die verschiedesten national bezogenen Perspektiven, die vielfach nicht einmal eine gemeinsame Schnittmenge ausweisen.
Sind es Hausaufgaben, die der deutsche politische "Oberlehrer" aufgibt, wird man sich schlichtweg weigern, sie umzusetzen, weil sie nicht in das vorhandene nationale Konzept (jedes Land verfügt über eigene) passen.
Am Beispiel Griechenlands lässt sich diese These gut nachweisen: Zur Befriedigung der Geldgeber werden Absichtserklärungen unterschrieben, die niemals erfüllt werden. Hier wendet man eine nationale Taktik an, die so lange funktioniert, bis die Geldgeber an ihren Verlusten ersticken.
Das Ändern national erworbener Haltungen ist extrem schwierig. Erinnert man sich an die Migranten (früher Gastarbeiter) konnte man sehr gut sehen, dass sie mit dem Anliegen, Geld z.B. in Deutschland zu verdienen, Erfolg hatten. Eine reduzierte Ausgabenstruktur (Sparen) verhalf ihnen zu Geldmitteln, die sie zum Unterhalt der Familie und zwecks Vermögenszuwachs in die Heimat schickten.
Diese Gelder, die zum Beispiel nach Spanien gingen ("remesas" genannt) wurden kostenfrei über Niederlassungen spanischer Banken in die Heimat überwiesen.
Hatte man den Entschluss gefasst, nach einiger Zeit zurück zu kehren, war die in Deutschland gelebte Haltung nicht mehr existent, man lebte wieder nach spanischen Handlungsstrukturen, vom Frühstück in den "Bares" über den "Aperitivo" vor dem Mittagessen bis hin zum regelmäßigen Restaurantessen.
Das ist ein national übliches Verhalten und absolut stimmig innerhalb des Kulturraumes. Es steht uns auch nicht zu, es zu kritisieren.
Es zeigt aber auch, dass es bei der Fülle nationaler Identitäten der EU-Raumes unmöglich ist, einen Konsensus herzustellen, auch nicht in der Wirtschafts- und Finanzwelt.
Möglichweise schafft man es, eine kleinste gemeinsame Schittmenge zu erhalten.
Ob das aber zum Überleben der Euro-Zone und der EU in der heutigen Form reicht, ist zu bezweifeln.
Ob "Berlin" jemanden "im Stich lässt", ist ist eine nicht zulässige Frage oder Feststellung. Im Stich lassen kann man nur jemanden, gegenüber dem man ein Abhängigkeits- oder Treueverhältnis hat. Dieses besteht, wenn überhaupt, nur im Miteinander.
Im vergangenen Jahrzehnt wurden Einkommen, Renten, Pensionen und Sozialleistungen in Deutschland massiv gekürzt.
Man muss sich also wegen des Prinzips der Reziprozität fragen, warum die in dieser Zeit boomenden EU-Länder keine Hilfeleistungen an Deutschland gezahlt haben sondern alles in eingene Sozialleistungen und in eigenen Konsum gesteckt haben?
Es geht also mit Blickrichtung auf andere Staaten, auch diejenigen der Europäischen Union einschließlich der Euro-Gruppe, um national erworbene Haltungen. Darum sollte man nicht den Antagonisten Deutschlands in der EU suchen, wenn es um europäische Belange geht, sondern in den nationalen Haltungen eines jeden EU / Euro-Gruppen-Staates mit seiner eigenen geldpolitischen Identität.
Das macht die eigentliche Problematik aus. Sie war immer vorhanden, wurde aber in Zeiten des Überflusses nie thematisiert, wohl auch, weil sowohl Politik und auch die Ökonomen wussten, dass sich hier eine Divergenz der Interessen auftut, die nicht zu lösen ist.
Aufgeschoben ist aber, wie sich in den letzten Jahren zeigt, nicht aufgehoben und die Realität hat uns erreicht.
Bayer zeigt auf, " Während Italien und Spanien für die Bevölkerung schmerzhafte Reformprogramme auflegen und ihre Hausaufgaben machten, lasse Berlin sie im Stich".
Wichtig bei der Analyse dieser Aussage ist die Perspektivität.
Die schmerzhaften Reformprogramme folgen nach einer Zeit von Prosperität, die im gleichen Zeitraum in Deutschland nicht vorhanden war. Das bezieht sich auf die Einkommen, die Renten und den Zuwachs an Immobilien.
Was also in den EU-Staaten mit den Finanzproblemen vor sich geht, ist nichts mehr als eine technische Korrektur, wie wir sie vom Aktienmarkt her kennen.
Die "Schmerzhaftigkeit resultiert in erster Linie aus den fehlenden finanziellen Rückstellungen in den guten Jahren, was natürlich markant auch für den Privatsektor in Spanien fest zu stellen ist.
Aus dem Überfluss in den Sparmodus übergehen zu müssen ist hart, wenn man es nicht gelernt hat.
Bezüglich der "Hausaufgaben", die zu machen seien, gibt es natürlich auch die verschiedesten national bezogenen Perspektiven, die vielfach nicht einmal eine gemeinsame Schnittmenge ausweisen.
Sind es Hausaufgaben, die der deutsche politische "Oberlehrer" aufgibt, wird man sich schlichtweg weigern, sie umzusetzen, weil sie nicht in das vorhandene nationale Konzept (jedes Land verfügt über eigene) passen.
Am Beispiel Griechenlands lässt sich diese These gut nachweisen: Zur Befriedigung der Geldgeber werden Absichtserklärungen unterschrieben, die niemals erfüllt werden. Hier wendet man eine nationale Taktik an, die so lange funktioniert, bis die Geldgeber an ihren Verlusten ersticken.
Das Ändern national erworbener Haltungen ist extrem schwierig. Erinnert man sich an die Migranten (früher Gastarbeiter) konnte man sehr gut sehen, dass sie mit dem Anliegen, Geld z.B. in Deutschland zu verdienen, Erfolg hatten. Eine reduzierte Ausgabenstruktur (Sparen) verhalf ihnen zu Geldmitteln, die sie zum Unterhalt der Familie und zwecks Vermögenszuwachs in die Heimat schickten.
Diese Gelder, die zum Beispiel nach Spanien gingen ("remesas" genannt) wurden kostenfrei über Niederlassungen spanischer Banken in die Heimat überwiesen.
Hatte man den Entschluss gefasst, nach einiger Zeit zurück zu kehren, war die in Deutschland gelebte Haltung nicht mehr existent, man lebte wieder nach spanischen Handlungsstrukturen, vom Frühstück in den "Bares" über den "Aperitivo" vor dem Mittagessen bis hin zum regelmäßigen Restaurantessen.
Das ist ein national übliches Verhalten und absolut stimmig innerhalb des Kulturraumes. Es steht uns auch nicht zu, es zu kritisieren.
Es zeigt aber auch, dass es bei der Fülle nationaler Identitäten der EU-Raumes unmöglich ist, einen Konsensus herzustellen, auch nicht in der Wirtschafts- und Finanzwelt.
Möglichweise schafft man es, eine kleinste gemeinsame Schittmenge zu erhalten.
Ob das aber zum Überleben der Euro-Zone und der EU in der heutigen Form reicht, ist zu bezweifeln.
Ob "Berlin" jemanden "im Stich lässt", ist ist eine nicht zulässige Frage oder Feststellung. Im Stich lassen kann man nur jemanden, gegenüber dem man ein Abhängigkeits- oder Treueverhältnis hat. Dieses besteht, wenn überhaupt, nur im Miteinander.
Im vergangenen Jahrzehnt wurden Einkommen, Renten, Pensionen und Sozialleistungen in Deutschland massiv gekürzt.
Man muss sich also wegen des Prinzips der Reziprozität fragen, warum die in dieser Zeit boomenden EU-Länder keine Hilfeleistungen an Deutschland gezahlt haben sondern alles in eingene Sozialleistungen und in eigenen Konsum gesteckt haben?
Merkel, Kanzler der Bundesrepublik Deutschland?
Bei allem Wohlwollen für Angela
Merkel in all ihren Funktionen muss man sich langsam die Frage
stellen, ob ihre Berater und sie jemals an eine Hierarchisierung von
Aufgaben und Interessen gedacht haben.
Sie betreibt eine Politik, von der
niemand weiß, wohin sie führt. Um überhaupt eine Richtung
einschlagen zu können, muss auch ein Bundeskanzler Grob- und
Feinziele definieren, wodurch Handlungsabsichten und Handlungen
bedingt werden.
„Viele Wege führen nach Rom“, sagt
der Volksmund, aber der eine ist kürzer, der andere ist länger und
der letzte ist nur eine Aproximation, man nähert sich dem Ziel, ohne
dass man real je ankommt, das kennen wir aus der
Infinitesimalrechnung.
Angela Merkel ist nicht die
„Teflon-Merkel“ wie sie die Amerikaner sehen. Das ist eine
oberflächliche Betrachtung, weit entfernt von der Realität.
Richtiger ist die Betrachtung, die in
der Rheinischen Post vom 23.01.2012 unter der Überschrift: „Lagarde
und Merkel“ vorgenommen wird, weil sie analytisch begründet ist.
Positionen, die Merkel als feste Größe
definiert, werden unter dem stetigen Druck von außen langsam und
sicher aufgegeben und das „non“ wird zu einen „oui“, die
Nicht-Belastung des deutschen Steuerzahlers wird zu einer Belastung.
Die nicht-deutsche Politik kann dieses Verhalten Merkels als eine
anzunehmende Große in ihre Planung aufnehmen. Das ist höchst
gefährlich.
So ist der Schlusssatz des Artikels in
der Rheinischen Post kennzeichnend für die Handlungsstrategie
Merkels:
„Erst 'non' gesagt, dann doch
gezahlt- nach diesem Muster verläuft Merkels Politik in der
Euro-Krise seit zwei Jahren.“
Geht man von politischen
Handlungszielen der deutschen Politik aus und nimmt das Resultat des
Handelns der Frau Bundeskanzler ernst, betreibt sie faktisch den
Ausverkauf vitaler deutscher Interessen.
Zu welchem Wohl, das mag nur sie
wissen.
Im europäischen Ausland stelle ich
aber fest, dass hier konsequent nationale Ziele verfolgt werden, die
Europa (sprich Deutschland) nur als Geld- und wirtschaftlichen
Impulsgeber betrachtet haben und betrachten.
Das gute Deutschland ist das, das ein
sorgenfreies Leben im Überschuss garantierte. In Krisenzeiten wird
die dunkle Seite Deutschlands bemüht, die andere zum Maßhalten, zum
Sparen zwingt.
Und niemand im europäischen Ausland
denkt daran, dass das, was von Deutschland durch Transferleistungen,
EU-Krediten, Rettungsschirmen, EZB-Maßnahmen verteilt wurde und
wird, von deutschen Arbeitnehmern durch Steuern finanziert ist.
Montag, 23. Januar 2012
Schuldenkrise aus der Perspektive des Elfenbeinturms?
Beraten Ökonomen über die
Schuldenkrise der Mittelmeerstaaten, hat man oft den Eindruck, dass
die Unwissenheit, Resultat einer wirtschaftswissenschaftlichen
Betrachtung ohne Wissenschaft, zu Aussagen führt, die fast ins
Lächerliche abgleiten.
Aus dem Kieler Institut für
Weltwirtschaft (Bericht in:" boerse-go.de"), hier Elfenbeinturm genannt, sieht man einerseits „die
Gefahr einer Staatspleite in Griechenland, eine Aussage, die
mittlerweile auch schon der unbedarfte Bürger auf der Königsallee
in Düsseldorf äußern kann, andererseits sehen die Ökonomen, eine
„Angst vor dem Dominoeffekt -Griechenland, Portugal, und Spanien“,
vergessen aber Italien, Irland und Belgien.
Der Dominoeffekt tritt jedoch nur ein,
wenn der Stein Griechenland fällt und Portugal und Spanien in ihren
Grundfesten so erschüttert werden, dass sie auch fallen.
Andererseits sind die Grundfesten von Portugal und Spanien schon so
gelockert, dass sie auch selbst fallen, ohne dass sie des Impulses
Griechenlands bedürfen.
Der in der IfW-Analyse genannte
„gesellschaftliche Mentalitätswechsel“ ist ein wichtiger
Faktor, der ursächlich an der Entstehung der Schuldenkrise beteiligt
war. Der intellektuelle Fehler liegt jedoch darin, dass dieser
„gesellschaftlicher Mentalitätswechsel“ nicht nur für
Griechenland gilt, sondern auch für Portugal, Spanien, Belgien und
alle anderen Mitgliedsstaaten der EU und Eurogruppe.
Hier zeigt sich der Kardinalfehler bei
der Konstituierung der Europäischen Union, die in der
Zusammenführung der „Mentalitäten“ versagt hat. Dieser Fehler
hätte auch zu keiner Zeit korrigiert werden können, denn die
Zusammenführung von „Mentalitäten“ ist eine heute fast nicht zu
lösende Aufgabe. Sie würde in großem Maße zu Identitätsverlust
und zu Entwurzelung und Verfremdung der Menschen in den
Mitgliedstaaten führen.
Die einzige Möglichkeit, bei der
Konstituierung der EU diese unterschiedlichen „Mentalitäten“,
das sind geschichtlich-kulturell-soziologische Unterschiede,
begrenzt relativieren zu können, hätte zu einem Vertragsvolumen
hinsichtlich der Beherrschbarkeit geführt, das die EU ad absurdum
geführt hätte.
Die Nichbeachtung dieser Unterschiede
haben schließlich ebenfalls die Europäische Idee der „alten
Schule“ de facto zum Scheitern gebracht, nur auf politischer Ebene
entzieht sich die Erkenntnis noch der Realität.
Das Kieler Institut meint: „Spaniens
Wirtschaft steckt ebenfalls in der Krise, doch erreicht die
bestehende Schieflage keine griechischen oder auch nur portugiesische
Dimensionen.“
Dabei vergessen die Professoren, dass
sie nicht kohärent argumentieren, denn wenn sie das Konzept der
„Mentalitäten“ weiter gedacht hätten, wäre ihnen aufgefallen,
dass man die Dimension eines Landes nicht mit der eines anderen
vergleichen kann, weil sie zwangsläufig anders sind. Das heißt
jedoch nicht, dass die Schieflage Portugals und Spaniens nicht
euro-bedrohend seien.
Mit Verlaub. Sie sind es. Das weiß
natürlich nur derjenige, der nicht im Elfenbeiturm sitzt und sein
Wissen nicht nur akademischen Aufsätzen oder Statistiken
(Vorsicht!) entnimmt, sondern sein Ohr auf den Patienten legt.
Zwischen Portugal und Spanien liegen Welten, so wie zwischen
Frankreich und Deutschland. Nur die relative Verknüpfung zwischen
diesen Welten mag für eine Interdependenz von Bedeutung sein.
Da ein Großteil portugiesischer
Schuldverschreibungen von spanischen Banken gehalten werden, wird ein
Straucheln Portugals zu massiven Problemen in der spanischen
Bankenlandschaft führen, die schon angezahlt ist.
Die Rekordarbeitslosigkeit in
Griechenland ist gemessen an der spanischen Arbeitslosigkeit, die
geschönt bei 22% liegt, fast irrelevant.
Die autonomen spanischen
Regionen sind meist so verschuldet, dass sie bald Hilfsanträge an
die Zentralregierungen stellen müssen. Die Gesundheits- und
Medikamentenkosten sind explodiert und werden in vielen Regionen
nicht mehr bezahlt, so dass die Schulden an nicht bezahlten
Medikamenten bald in den zweistelligen Milliardenbereich gehen
werden.
Die extreme Verschuldung der Privathaushalte, die ohne
„Privatinsovenz“ auskommen müssen, ist der Mühlstein um den
Hals der spanischen Gesellschaft.
Was die angesprochenen Strukturreformen
angeht, so kommt man damit zehn Jahre zu spät. Das notwendige Geld
ist in den Konsum und die Immobilienspekulation eingeflossen. Es ist
schlichweg vernichtet.
Exportorienterung wäre natürlich die
optimale Voraussetzung für eine Konsolidierung Spaniens.
Die wirtschaftliche Monokultur
Obst-/Gemüse und Tourismus sind aber nicht geeignet kurz- , mittel-
oder langfristig die Finanz-/Wirtschaftslage des Landes zu
verbessern.
Bei optimalem Erfolg des so genannten
Reformkurses wird Spanien ein Jahrzehnt benötigen, um halbwegs auf
den Stand des Jahres 2000 zu kommen. Und das nur bei optimalem
Wachstum, das bekanntlich kein Dauerzustand ist und auch nicht sein
wird.
Eine relative Chance zu Behebung der
Krise ist nur bei einem Austritt aus der Euro-Zone möglich, was auch
für weitere Euro-Zonen-Staaten gilt.
Die Verwerfungen, die dadurch
zwangsläufig entstehen werden, sind das kleinere Übel und das Geld
für Rettungskredite und Rettungsschirme wäre besser in eine
Umstrukturierung der Euro-Zone investiert worden. Diese Chance ist
politisch nicht gewollt worden.
Der Realitätsdruck wird die Politik
jedoch dazu zwingen.
ESM Rettungsschirm soll weiter aufgeblasen werden
Nach einer dapd-Pressemitteilung
sprechen sich der italienische Ministerpräsident Monti und der
italienische EZB-Präsident Draghi für eine Aufstockung des ESM
Rettungsschirms aus und setzten so Deutschland unter Druck.
Draghi schlägt eine 50-pozentige
Erhöhung auf 750 Milliarden Euro vor, währenddessen sein Landsmann
Monti noch einmal 250 Milliarden zusätzlich für notwendig
betrachtet,
Monti, der möglicherweise schon an
eine drohende Insolvenz Italiens denkt, möchte seine Sorgen mit
einer satten Billion „glatt gebügelt“ sehen.
Sollte es wirklich zu einer solchen
immensen Aufstockung des ESM Rettungsschirms kommen, ist mit großer
Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass durch den nachlassenden
Reformdruck auf die EU-Wackelkandidaten die Obergrenze weiterhin nach
oben offen ist.
Für Merkel wird die Sache sehr
bedenklich, denn die vom Bundesrat beschlossene Obergrenze, die schon
durch diverse Kunstgriffe seitens der EZB unterlaufen wurde, käme
dann für Deutschland endgültig in ruinöse Dimensionen, falls sie
sich zurzeit nicht schon darin befindet.
Es wäre nun wirklich an der Zeit, dass
das Bundesverfassungsgericht einschreitet, denn unsere freiheitlich
demokratische Ordnung sollte davon ausgehen, Schaden vom deutschen
Volk abzuhalten.
Ob die Politik in Deutschland diese
Maxime im Blickfeld hat, ist mittlerweile in Zweifel zu ziehen.
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