Beraten Ökonomen über die
Schuldenkrise der Mittelmeerstaaten, hat man oft den Eindruck, dass
die Unwissenheit, Resultat einer wirtschaftswissenschaftlichen
Betrachtung ohne Wissenschaft, zu Aussagen führt, die fast ins
Lächerliche abgleiten.
Aus dem Kieler Institut für
Weltwirtschaft (Bericht in:" boerse-go.de"), hier Elfenbeinturm genannt, sieht man einerseits „die
Gefahr einer Staatspleite in Griechenland, eine Aussage, die
mittlerweile auch schon der unbedarfte Bürger auf der Königsallee
in Düsseldorf äußern kann, andererseits sehen die Ökonomen, eine
„Angst vor dem Dominoeffekt -Griechenland, Portugal, und Spanien“,
vergessen aber Italien, Irland und Belgien.
Der Dominoeffekt tritt jedoch nur ein,
wenn der Stein Griechenland fällt und Portugal und Spanien in ihren
Grundfesten so erschüttert werden, dass sie auch fallen.
Andererseits sind die Grundfesten von Portugal und Spanien schon so
gelockert, dass sie auch selbst fallen, ohne dass sie des Impulses
Griechenlands bedürfen.
Der in der IfW-Analyse genannte
„gesellschaftliche Mentalitätswechsel“ ist ein wichtiger
Faktor, der ursächlich an der Entstehung der Schuldenkrise beteiligt
war. Der intellektuelle Fehler liegt jedoch darin, dass dieser
„gesellschaftlicher Mentalitätswechsel“ nicht nur für
Griechenland gilt, sondern auch für Portugal, Spanien, Belgien und
alle anderen Mitgliedsstaaten der EU und Eurogruppe.
Hier zeigt sich der Kardinalfehler bei
der Konstituierung der Europäischen Union, die in der
Zusammenführung der „Mentalitäten“ versagt hat. Dieser Fehler
hätte auch zu keiner Zeit korrigiert werden können, denn die
Zusammenführung von „Mentalitäten“ ist eine heute fast nicht zu
lösende Aufgabe. Sie würde in großem Maße zu Identitätsverlust
und zu Entwurzelung und Verfremdung der Menschen in den
Mitgliedstaaten führen.
Die einzige Möglichkeit, bei der
Konstituierung der EU diese unterschiedlichen „Mentalitäten“,
das sind geschichtlich-kulturell-soziologische Unterschiede,
begrenzt relativieren zu können, hätte zu einem Vertragsvolumen
hinsichtlich der Beherrschbarkeit geführt, das die EU ad absurdum
geführt hätte.
Die Nichbeachtung dieser Unterschiede
haben schließlich ebenfalls die Europäische Idee der „alten
Schule“ de facto zum Scheitern gebracht, nur auf politischer Ebene
entzieht sich die Erkenntnis noch der Realität.
Das Kieler Institut meint: „Spaniens
Wirtschaft steckt ebenfalls in der Krise, doch erreicht die
bestehende Schieflage keine griechischen oder auch nur portugiesische
Dimensionen.“
Dabei vergessen die Professoren, dass
sie nicht kohärent argumentieren, denn wenn sie das Konzept der
„Mentalitäten“ weiter gedacht hätten, wäre ihnen aufgefallen,
dass man die Dimension eines Landes nicht mit der eines anderen
vergleichen kann, weil sie zwangsläufig anders sind. Das heißt
jedoch nicht, dass die Schieflage Portugals und Spaniens nicht
euro-bedrohend seien.
Mit Verlaub. Sie sind es. Das weiß
natürlich nur derjenige, der nicht im Elfenbeiturm sitzt und sein
Wissen nicht nur akademischen Aufsätzen oder Statistiken
(Vorsicht!) entnimmt, sondern sein Ohr auf den Patienten legt.
Zwischen Portugal und Spanien liegen Welten, so wie zwischen
Frankreich und Deutschland. Nur die relative Verknüpfung zwischen
diesen Welten mag für eine Interdependenz von Bedeutung sein.
Da ein Großteil portugiesischer
Schuldverschreibungen von spanischen Banken gehalten werden, wird ein
Straucheln Portugals zu massiven Problemen in der spanischen
Bankenlandschaft führen, die schon angezahlt ist.
Die Rekordarbeitslosigkeit in
Griechenland ist gemessen an der spanischen Arbeitslosigkeit, die
geschönt bei 22% liegt, fast irrelevant.
Die autonomen spanischen
Regionen sind meist so verschuldet, dass sie bald Hilfsanträge an
die Zentralregierungen stellen müssen. Die Gesundheits- und
Medikamentenkosten sind explodiert und werden in vielen Regionen
nicht mehr bezahlt, so dass die Schulden an nicht bezahlten
Medikamenten bald in den zweistelligen Milliardenbereich gehen
werden.
Die extreme Verschuldung der Privathaushalte, die ohne
„Privatinsovenz“ auskommen müssen, ist der Mühlstein um den
Hals der spanischen Gesellschaft.
Was die angesprochenen Strukturreformen
angeht, so kommt man damit zehn Jahre zu spät. Das notwendige Geld
ist in den Konsum und die Immobilienspekulation eingeflossen. Es ist
schlichweg vernichtet.
Exportorienterung wäre natürlich die
optimale Voraussetzung für eine Konsolidierung Spaniens.
Die wirtschaftliche Monokultur
Obst-/Gemüse und Tourismus sind aber nicht geeignet kurz- , mittel-
oder langfristig die Finanz-/Wirtschaftslage des Landes zu
verbessern.
Bei optimalem Erfolg des so genannten
Reformkurses wird Spanien ein Jahrzehnt benötigen, um halbwegs auf
den Stand des Jahres 2000 zu kommen. Und das nur bei optimalem
Wachstum, das bekanntlich kein Dauerzustand ist und auch nicht sein
wird.
Eine relative Chance zu Behebung der
Krise ist nur bei einem Austritt aus der Euro-Zone möglich, was auch
für weitere Euro-Zonen-Staaten gilt.
Die Verwerfungen, die dadurch
zwangsläufig entstehen werden, sind das kleinere Übel und das Geld
für Rettungskredite und Rettungsschirme wäre besser in eine
Umstrukturierung der Euro-Zone investiert worden. Diese Chance ist
politisch nicht gewollt worden.
Der Realitätsdruck wird die Politik
jedoch dazu zwingen.
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