In einem Punkt hat der Autor des
Gastbeitrags „Merkel führt Europa in die Katastrophe“ (Die
Zeit-Online vom 17.02.2012) Recht: Die Schuldenkrise, er nennt sie
„Bankenkrise“, ist einfach zu lösen.
Aber bei jeder Lösung stehen Kosten im
Raum, die man nicht mit geliehenem oder fiktivem Geld wie Eurobonds oder
EZB-Geldvermehrung so einfach bezahlen kann. Das ist keine definitive
Rechnung, denn diese wird zeitversetzt beim Bürger nachgereicht.
Wenn es den im Kommentar Collignons
genannten Drei-Punkte-Plan wirklich gäbe und wenn er dann noch den
gewünschten Erfolg garantierte, ist der Autor Nobelpreis verdächtig.
Man sollte ihn ohne Zaudern erst zum
Politikflüsterer und dann zum Weltpräsidenten empfehlen.
Immer wieder versuchen Menschen,
die ihre Kenntnisse anscheindend über die „stille Post“
geflüstert bekommen, Lösungen zu suggerieren.
Einfach ist folgender Gedanke: Europa
funktioniert nicht, weil es weder administrativ noch politisch
funktionieren kann. Das hat uns in die Krise gebracht, aber niemand
will die „heilige Kuh“ Europa, die von einem Stier entführt und
vermutlich vergewaltigt wurde, auf die Schlachtbank führen, wo sie
hingehört. Den Stier schicken wir natürlich wegen Gewalt gegen
weibliche Lebewesen („Violencia de Género“) in den Knast.
Am Beispiel Spaniens lässt sich ein Teil der
komplexen Problematik aufzeigen. Es soll, so wird immer wieder
behauptet, im Hinblick auf die Staatsverschuldung gut dargestanden
haben.
Wer aber die spanische Realität kennt,
wird anführen, dass hier nur die Töpfe getauscht wurden.
Der „Eurotopf“ brachte
enorme Strukturmittel nach Spanien. Der „Bautopf“ sorgte
für ein spekulatives Überangebot an Wohnungen mit jährlichen
Wachstumsraten im zweistelligen Bereich. Der Spekulationstopf
ließ die Baukosten explodieren. Die Steuertöpfe der
Zentralregierung, Regionalregierungen und Gemeinden füllten sich
extrem unter den massiven Spekulationsan- und Verkäufen, bis beim
Platzen der Blase die aufgeblähten Verwaltungs- Beamtenapparate und Banken nicht mehr finanziert oder refinanziert werden konnten, denn sie hatten sich zu einer Kapitalvernichtungsmaschinerie
entwickelt.
Beispiel Wohnungbau:
Wie sollte man verstehen, dass
Wohnungen, die noch vor einem Monat 184.000 Euro gekostet haben,
nunmehr nur noch 87.00 Euro wert sind. (nachzusehen in den
Immobilienportalen und Immobilienagenturen der Banken).
Und bleiben wir doch in der Realität. Derjenige, der die Wohnung von 184.000 annonciert hat, bezahlte
seinerzeit sicherlich mehr als 130.000 und hat bei der Finanzierung
noch ein Auto, die Wohnungseinrichtung und eine Kreuzfahrt
mitfinanziert.
Auch das hat den Finanzmarkt und die
Staatsfinanzierung belebt und stammt aus dem „Privathaushaltstopf“
der fremdfinanziert war. In Spanien wurde auf Pump gelebt. Und
brauchte man Geld, erhöhte man den Kreditrahmen nach diesem Muster:
Kauf des Hauses: 130.000 Euro. Wertsteierung pro Jahr, mindestens
10%. Nach drei Jahren war rein rechnerisch das Haus 39.000 Euro
teurer. Dieses Geld wurde in den Konsum gesteckt oder für einen
weiteren spekulativen Immobilienkauf nach folgendem Muster verwendet: 6000 Euro Anzahlung auf ein Objekt von 90.000 Euro mit der Maßgabe,
es bei Fertigstelung kaufen zu müssen. Zusätzliche Option, der
Anzahler konnte jederzeit seine Kaufpflicht (en concepto de arras penales*) weiterverkaufen.
Bei Fertigstellung war das Objekt schon
130.000 Euro wert. Die Kaufpflicht wurde an einen Käufer, der
ebenfalls auf Preissteigerungen spekulierte, zu diesem Preis
abgetreten. Ein fetter Gewinn von 35.000 Euro (Schwarzgeld / Dinero
en B).
Was passierte aber beim Platzen der
Baublase?
Vor allem der letzte Käufer ist für
sein Leben lang pleite. Sicherlich hat er seinen Job verloren und
muss seine Hypothek bis zum Sankt Nimmermannsstag an die Bank
abstottern, denn Privatinsolvenz gibt es in Spanien nicht. Der
Bankentopf füllt sich wieder mit diesem Geld, das des
spanischen Rettungsfond FROB, wenn die Ausfallsumme die Existenz der
Bank bedroht, und letztendlich mit den 1% Krediten der EZB. Die
restlichen Käufer besitzen Objekte, die das geliehene Geld nicht
wert sind. Solange sie nicht verkaufen müssen, leiden aber leben
sie.
Machen wir doch aus der europäischen
Topfvielfalt einen „Eintopf“ nach dem Motto des
spanischen Sprichwortes: „Cada uno en su casa y Dios en la de
todos“ (Jeder in seinem Haus und Gott in dem
aller).
Liquidieren wir die Fehlkonstruktion
Europa ehe sie uns liquidiert.
* "Concepto de arras penales" bedeutet: Die Anzahlung des Käufers verfällt, wenn er die Kaufpflicht termingerecht nicht erfüllt. Der Käufer erhält den doppelten Betrag der Anzahlung, wenn der Verkäufer vom Verkauf zurücktritt.
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