Montag, 20. Februar 2012
Wenn Solidarität zu einer Worthülse verkommt
Viele Begriffe sind semantischen Verschiebungen ausgesetzt. Man denke nur an „testa“, die „Scherbe“, die sich im Französischen zu „tête“ der „Kopf“ entwickelte.
Andere Begriffe wurden aufgrund von gesellschaftlichen Konventionen zu Tabuwörtern. Während man heute noch durchaus von „Weißen“ (Menschen) sprechen kann, ist der Begriff der „Schwarze“ (Mensch) zum politisch inkorrekten Tabuwort geworden.
„Kanacke“ , abgeleitet von dem polynesischen „kanaka“ bedeutet ursprünglich nichts anderes als „Mensch“. Der Begriff ist aber im Deutschen negativ belegt, mit all seinen Konnotationen, die er im Laufe seiner Etablierung im deutschen Sprachschatz mitgemacht hat.
Überträgt man die negative Konnotation heute auf gesellschaftliche Situationen anderer Länder, auch die der Europäischen Union, werden deutsche Staatsbürger, die dort leben, voll- oder weniger integriert, seit einiger Zeit „kanackisiert“.
Das ist ein Ergebnis deutscher Politik zur Rettung der EU / Eurogruppe, eine Entwicklung im Hinblick auf „Friedenssicherung“ im europäischen Rahmen, eine Hommage an die Bereitschaft deutscher Bürger, Staaten zu helfen, deren Bürger Hilfe ablehnen.
Die Hybris, die von deutschen Politikern ausgeht, um Europa / die Eurogruppe zu retten, verletzt nicht nur die Gefühle der „Rettungsunwilligen“, sondern überschreitet schon die Genzen des Erträglichen:
„Und willst Du nicht gerettet werden, so brauch ich Gewalt“, könnte eine Maxime deutschen politischen Denkens sein. Das darf nicht passieren.
So wie der amerikanische „Neger“ (niger=schwarz) zu einem Afro-Amerikaner geworden ist, so wird sich der Begriff „Bitte nach Solidarität“ im Laufe der Zeit entleeren und nur noch „parasitäres Gesuch nach Unterstützung“ bedeuten.
Der Krug geht so lange zum Brunnen, bis er zerbricht. Was bleibt, sind Scherben.
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