Dienstag, 24. Mai 2011

Europa, ein Klotz am Bein der Bürger seiner Mitgliedsstaaten

Selbst wenn Nouriel Roubini der Ansicht ist, dass die Aussichten Europas gut seien und mit einem Kapitalbedarf von 600 Milliarden die Euro-Krise zu bewältigen sei, hat er jedoch auftretende politische Instabilitäten der Euro-Zone nicht in seine Kalkulationen aufgenommen.
 
Bei der desolaten Lage Griechenlands und der drohenden weiteren Belastung der Gesellschaft ist das Aufbegehren der Bürger sehr wahrscheinlich. Da ein „Entlastungsventil“ für den Frust der Griechen nicht eingeplant ist, kann es durchaus zu bürgerkriegsähnlichen Aufständen kommen. Dann wäre es möglich, dass die Regierung dem Druck nachgibt und alle Rettungspakete der EU und des IWF platzen. Ebenfalls besteht die Gefahr einer Ansteckung in Irland, Portugal und Spanien.

Natürlich ist das Spekulation, aber die Indikatoren in der EU zeigen diese Tendenz auf. Die „Empörten“ in Spanien  repräsentieren den Aufschrei der gequälten Gesellschaft. Auch wenn die sozialistische Regierungspartei bei den Lokal- und Regionalwahlen empfindlich geschlagen wurde und die Euphorie eines Neubeginns schon vor den Landeswahlen 2012 groß ist, darf nicht vergessen werden, dass  durch eine neue Regierung des Partido Popular nicht viel ändern wird. Das Vertrauen auf eine Ad-hoc-Gesundung der spanischen Wirtschaft ist reine Illusion, dazu müssten erst einmal Konzepte vorhanden sein, deren Umsetzung Zeit brauchen, zu viel Zeit, weil es sich um Strukturprobleme der spanischen Gesellschaft und Wirtschaft handelt.

Die spanische Gesellschaft ist verwöhnt aus den Boomjahren in die Krise geraten. Daraus leitet sie Ansprüche auf eine schnelle Besserung der Wirtschaftssituation ab, die unerfüllbar sind und zu Unruhen führen werden. Die Arbeitslosigkeit ist nur in kleinen Schritten reduzierbar, was mindestens ein Jahrzehnt guter wirtschaftlicher Entwicklung dauert.

Und wir wissen doch, dass die weltwirtschaftliche Entwicklung in den letzten Jahrzehnten immer weiter strauchelte. Aus der Erfahrung der Vergangenheit kann man sagen, dass positive wirtschaftliche Entwicklungen ohne Rückschläge wohl mehr kurzfristig ablaufen. Ich denke an  maximal 1-2 Jahre , wenn die Rahmenbedingungen stimmen.

Wir haben soeben die Rückstufung Italiens durch die Ratingagentur Fitch erlebt, so dass sich nunmehr auch hier ein Problemfeld eröffnen dürfte, das nicht kurzfristig zu lösen ist. Und sollte Deutschland einen konjunkturellen Einbruch erleben, ist das Ende der Euro-Träumerei eingeläutet.
Insofern bin ich Mr. Doom (Nouriel Roubini) näher als er sich zurzeit selbst.

Zur Ursachenforschung ist schon viel gesagt und die Fehler bei der Konstruktion der Euro-Zone, nicht Europas, sind aus wirtschaftlicher Sicht weitgehend bekannt.

Anmerken möchte ich nur noch einige politische Fehler:

Unter der Flagge der Globalisierung hat es kein Land der EU oder der Euro-Zone verstanden, dass nationale Staatshaushalte nur kontraproduktiv sind. Die EU als Institution hat vollkommen versagt und war nur zum Verbrennen von Kapital geeignet. Vor allem war es eine Fiktion, Europa mit der Einheitswährung zu verbinden, wenn man den Schritt zu einem wirklichen Gemeinwesen mit allen wirtschaftlichen und gesetzlichen Voraussetzungen scheute.

In den USA verstehen sich die Bürger als Amerikaner, der EU-Bürger ist nicht existent. Und wäre er auf dem Papier verwirklicht, so stünden ihm unterschiedliche nationale Rechtssysteme entgegen (Zivilrecht, Strafrecht, Wahlrecht Vertragsrecht etc.).  Zum Melting-Pot der amerikanischen Gesellschaft gibt es aus vielen Gründen in Europa keine Entsprechung. Sozialisation fand und findet in der „Alten Welt“ immer im nationalen Rahmen statt.

Will man der jetzigen Situation etwas Positives abgewinnen, gibt es nur einen Weg:
Europa vom Euro entflechten, nationale Währungen wieder einzuführen und darüber nachzudenken, wie Europa überhaupt definiert werden soll.

Was ist Europa überhaupt, wo fängt es an, wo hört es auf und wo führt es hin?

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen