Montag, 4. Juni 2012

Das Problem der Perspektivität für ein neues Europa


Jeder Nationalstaat der EU auch mit denjenigen, die zur Euro-Gruppe gehören, haben ihre eigene Auffassung von dem, was sie unter Wirtschaft verstehen. Daraus resultieren die Wirtschafts- / Finanzkonstellationen, mit denen wir uns heute auseinandersetzen müssen.

Diese Auffassungen sind das Resultat einer jeweils eigenständigen Sozialisierung in historisch gewachsenen Prozessen, die sich in Handlungsstrukturen manifestieren, die man, wie sich gezeigt hat, weder mit den Verträgen von Maastricht noch mit dem Vertrag von Lissabon noch mit den zigtausend EU-Verordnungen außer Kraft setzten kann.

Jede Gesellschaft wäre auch überfordert, und wir sehen das stellvertretend in Griechenland, wenn man von außen die Konzepte eines Landes beeinflussen will, deren Bürger sich verweigern.

Man muss Druck ausüben, damit die Situationen sich so entwickeln, wie die „Machtinhaber“ der EU / Eurogruppe es vorgeben.

Mit Demokratie hat das nichts zu tun, mit dem Streben nach dem, was man für das Gute eines anderen Landes hält, ebenfalls nicht. Es ist nicht mehr als die Vergewaltigung von Staaten, die die wirtschaftlich Starken in Europa vormals als Heilsbringer für einen besseren Lebensstandard angesehen haben. Wer maßt sich an, den Franzosen, den Spaniern, den Italiener usw. vorzuschreiben, was für sie das Beste ist.

Wenn man aber sagt, man müsse das Ganze sehen, ist man schnell beim Totalen, bei totalitärem Verhalten, bei diktatorischen Maßnahmen, bei der Zerstörung von Identität und Freiheit.

Ist das unser Europa? Ist das das Ziel dessen, das wir im Gefühlsdusel, den uns einige Politiker verordnet haben, erwählten.

„Die Zeit“ überschreibt am 03.06.2012 einen Artikel mit: „Regierungschefs wollen mehr Europa- aber wie?“ Es soll eine weitere Demokratie tötende Behörde, die "Euro-Fiskalbehörde“ geschaffen werden.


Für diejenigen, die ihren Kopf mit sich herumtragen und ihn nicht nach jeder Sitzung mit einem Reset versehen, erkennt man, dass der ehemalige spanische Vicepräsident Rajoy in der Zeit seiner Zugehörigkeit zur Aznar-Regierung diesen Satz niemals geäußert hätte. Aznar war stolz darauf, mit seinem Verwaltungssystem, basierend auf dem Abkassieren von europäischen Finanzzuwendungen, Pflegen der Immobilienblase verbunden mit heillosen Spekulationsgeschäften und Konsum die Staatskassen gefüllt hatte. Für das sich quälende Deutschland hatte die konservativen Politiker Spaniens nicht mal ein müdes Lächeln über.

Der Nationalstaat stand im Vordergrund und Europa (mit Deutschand) mussten Verträge erfüllen. Der nationale Pragmatismus wird nun beiseite gewischt. In der Not ändert man schnell die Geschäftsgrundlage und argumentiert „europäisch“, gemeint ist aber die Rettung der nationalen Haut auf Kosten der wirtschaftlich potenten Länder.

Übervorteilen, über den Tisch ziehen heißt heute in Europa „harmonisieren“. Beim Fiskalpakt gibt es wenige Geber und viele Nehmer, wobei ungewiss ist, inwiefern sich die nationalen Handlungsmuster der nehmenden Regierungen überhaupt ändern.

Dazu müsste ein Perspektivenwechsel vorgenommen werden. Die Nehmerländer müssen die Perspektivität der Geberländer annehmen, Nicht durch Verträge, die gebrochen werden können, nicht mit dem Druck des Ertrinkenden, der aus dem Selbsterhaltungstrieb heraus alles verspricht, um weiter leben zu können.

Die Perspektive innerhalb der Gesellschaft der Nehmerländer muss sich ändern. Aber das sind Prozesse, die die Identität einen Landes bedrohen, wir sehen es an Griechenland. Dieses Vorgehen wird nie gelingen.

Perspektive richtet sich an einem Ziel aus, das es zu erreichen gilt. Die „Vereinten Nationen von Europa“ werden nie erreicht werden, weil sie inhaltlich nicht hinreichend homogen zu füllen sind.

„Viele Wege führen nach Rom“, der eine ist kürzer der andere ist länger und vielfach ist es nur das Ziel, das nie erreicht wird. Somit ist der Weg das Ziel. Aber Rom ist konkret lokalisierbar.

Die „Vereinten Nationen von Europa“ ist eine Fiktion, nur erreichbar mit der sich abzeichnenden Tendenz zu Totalitarismus verbunden mit der Aufgabe von Identitäten und Entwurzelung.

Nicht nur die „Vereinten Nationen von Europa“ sondern das Europa, das sich unsere Politiker in fast schon sträflicher Weise zurecht geschustert haben, ist zu einem Paradoxon geworden, das auch mit einem Maximum an Intelligenz nicht aufzulösen ist.
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Und übrigens meine ich, dass unfähige Politiker Krisen verursachen.

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