Mittwoch, 25. Januar 2012

Merkels Auguren, -mal anders gesehen!

Den Vogelflug mag in der heutigen Zeit niemand mehr zu interpretieren, um feststellen zu wollen, dass die Götter einem politischen Vorhaben günstig gesonnen sind.

Heute gilt es, Entwicklungen an Märkten zu beobachten und sie zu interpretieren. Dabei ist es notwendig, über Methoden zu verfügen, die eine in die Zukunft projizierte Entwicklung ermöglichen.

Was geschieht jedoch, wenn die Methoden, die fast immer systemimmanent entwickelt wurden, den Quatensprung nicht realisieren können, wenn sie daran scheitern, dass das System an sein Ende gelangt ist und eine Neuorientierung aus den Indikatoren noch nicht ersichtlich ist?

Dann treibt man frei und orientierungslos und ohne die Möglichkeit, durch Kontrolle die Ereignisse in ihrem Ablauf ändern zu können.

In dieser Situation sind wir heute. Wir erflehen förmlich, dass uns die Topökonomen eine Richtung weisen, die uns wieder Planungssicherheit verschafft. Dieses geschieht nicht, weil es nicht geschehen kann. Alle derzeitigen Einwirkungen auf die Wirtschaft verlaufen nur in eine Richtung: Der Vergrößerung der Geldmenge.

Dabei haben wir schon längst die Grenzen überschritten, die uns unser Weltwirtschaftssystem bot. Nicht in Richtung einer Neukonzeption sondern in Richtung einer Übersaturierung, die zwangsläufig den Zerfall des jetzigen Geld-/Finanzsystems beschleunigen wird.

Um so größer wird die Notwendigkeit für den Systemcrash Alternativen zu entwickeln. Daran sollte Politik arbeiten und nicht an palliativen Maßnahmen. Soll der Patient in Ruhe und Würde sterben.

Was die Indikatoren angehen, die für die Entwicklung unserer Gesellschaften bedeutsam sind, ist es zwingend, die Differenz zwischen einer ursprünglichen Geschäftsgrundlage und dem Ad-Hoc-Zustand festzustellen. Hier könnte man die eigentliche Divergenz erkennen, um zu sehen, in welche Richtung sich Gesellschaften weiter aber auch zurück entwickeln.

Es ist doch ein Irrtum anzunehmen, dass die gesellschaftliche Entwicklung zwangsläufig einen progressiver Zuwachs darstellt, den unsere Welt weitläufig mit sozialem und ökonomischen Wohlergehen versteht. So wie Lernzuwächse daszu führen, dass man in einem Bereich additiv und gleichzeitig dadurch bedingt in einem anderen Bereich substaktiv lernt, so kann man analog auch davon ausgehen, dass auch Wirtschaftsabläufe so funktionieren. Bedeutsam sind die Verhaltensänderungen die Produkt eines Lernprozessen sind.

Merkel braucht also keine Auguren sondern Menschen, die ihr zeigen, in welchem Bereich wir geld-/finanzpolitische gewinnen und gleichzeitig, in welchem Bereich wir verlieren werden. Eine umfassende Schau der Gesellschaftsentwicklung ist aber noch bedeutsamer.

Um diese, aus meiner Sicht zwingende Interdependenz aus Gewinn und Verlust beurteilen zu können, bedarf es nicht nur der Topökonomen, sondern der geballen Kraft wissenschftlicher Erkenntnis, die interdiszipliär beratend tätig werden muss.

Die Zeit ist längst vorbei, in der sich Spartendenken und -mit Verlaub- Fachidiotie nicht einmal die Finge reichten.

Die Kraft, der Schuldenkrise, der Systemkrise zu entkommen liegt in uns selbst, in der Vernetzung unserer intellektuellen Möglichkeiten, nicht innerhalb des divergierenden „Europas“.

Und diese Möglichkeiten besitzen wir in Deutschland, ohne Zweifel.




Dienstag, 24. Januar 2012

Schuldenkrise: Tobias Bayer (FTD) steht zu deutschem Sparverhalten

Wieder einmal veröffentlicht die Financial Times Deutschland eine lesenswerte Kolumne von Tobias Bayer: "Ausgeben muss eine sichere Bank sein"und begründet die Haltung der Bürger in Deutschland mit dem Tenor, dass das Knausern in den "Institutionen liegt", die traditonsmäßig "das Sparen fördern".

Es geht also mit Blickrichtung auf andere Staaten, auch diejenigen der Europäischen Union einschließlich der Euro-Gruppe, um national erworbene Haltungen. Darum sollte man nicht den Antagonisten Deutschlands in der EU suchen, wenn es um europäische Belange geht, sondern in den nationalen Haltungen eines jeden EU / Euro-Gruppen-Staates mit seiner eigenen geldpolitischen Identität.

Das macht die eigentliche Problematik aus. Sie war immer vorhanden, wurde aber in Zeiten des Überflusses nie thematisiert, wohl auch, weil sowohl Politik und auch die Ökonomen wussten, dass sich hier eine Divergenz der Interessen auftut, die nicht zu lösen ist.

Aufgeschoben ist aber, wie sich in den letzten Jahren zeigt, nicht aufgehoben und die Realität hat uns erreicht.

Bayer zeigt auf, " Während Italien und Spanien für die Bevölkerung schmerzhafte Reformprogramme auflegen und ihre Hausaufgaben machten, lasse Berlin sie im Stich".

Wichtig bei der Analyse dieser Aussage ist die Perspektivität.

Die schmerzhaften Reformprogramme folgen nach einer Zeit von Prosperität, die im gleichen Zeitraum in Deutschland nicht vorhanden war. Das bezieht sich auf die Einkommen, die Renten und den Zuwachs an Immobilien.

Was also in den EU-Staaten mit den Finanzproblemen vor  sich geht, ist nichts mehr als eine technische Korrektur, wie wir sie vom Aktienmarkt her kennen.

Die "Schmerzhaftigkeit resultiert in erster Linie aus den fehlenden finanziellen Rückstellungen in den guten Jahren, was natürlich markant auch für den Privatsektor in Spanien fest zu stellen ist.

Aus dem Überfluss in den Sparmodus übergehen zu müssen ist hart, wenn man es nicht gelernt hat.

Bezüglich der "Hausaufgaben", die zu machen seien, gibt es natürlich auch die verschiedesten national bezogenen Perspektiven, die vielfach nicht einmal eine gemeinsame Schnittmenge ausweisen.

Sind es Hausaufgaben, die der deutsche politische "Oberlehrer" aufgibt, wird man sich schlichtweg weigern, sie umzusetzen, weil sie nicht in das vorhandene nationale Konzept (jedes Land verfügt über eigene) passen.

Am Beispiel Griechenlands lässt sich diese These gut nachweisen: Zur Befriedigung der Geldgeber werden Absichtserklärungen unterschrieben, die niemals erfüllt werden. Hier wendet man eine nationale Taktik an, die so lange funktioniert, bis die Geldgeber an ihren Verlusten ersticken.

Das Ändern national erworbener Haltungen ist extrem schwierig. Erinnert man sich an die Migranten  (früher Gastarbeiter) konnte man sehr gut sehen, dass sie mit dem Anliegen, Geld z.B. in Deutschland zu verdienen, Erfolg hatten. Eine reduzierte Ausgabenstruktur (Sparen) verhalf ihnen zu Geldmitteln, die sie zum Unterhalt der Familie und zwecks Vermögenszuwachs in die Heimat schickten.

Diese Gelder, die zum Beispiel nach Spanien gingen ("remesas" genannt) wurden kostenfrei über Niederlassungen spanischer Banken in die Heimat überwiesen.

Hatte man den Entschluss gefasst, nach einiger Zeit zurück zu kehren, war die in Deutschland gelebte Haltung nicht mehr existent, man lebte wieder nach spanischen Handlungsstrukturen, vom Frühstück in den "Bares" über den "Aperitivo" vor dem Mittagessen bis hin zum regelmäßigen Restaurantessen.

Das ist ein national übliches Verhalten und absolut stimmig innerhalb des Kulturraumes. Es steht uns auch nicht zu, es zu kritisieren.

Es zeigt aber auch, dass  es bei der Fülle nationaler Identitäten der EU-Raumes unmöglich ist, einen Konsensus herzustellen, auch nicht in der Wirtschafts- und Finanzwelt.

Möglichweise schafft man es, eine kleinste gemeinsame Schittmenge zu erhalten.

Ob das aber zum Überleben der Euro-Zone und der EU in der heutigen Form reicht, ist zu bezweifeln.

Ob "Berlin" jemanden "im Stich lässt", ist ist eine nicht zulässige Frage oder Feststellung.  Im Stich lassen kann man nur jemanden, gegenüber dem man ein Abhängigkeits- oder Treueverhältnis hat. Dieses besteht, wenn überhaupt, nur im Miteinander.

Im vergangenen Jahrzehnt wurden Einkommen, Renten, Pensionen und Sozialleistungen in Deutschland massiv gekürzt.

Man muss sich also wegen des Prinzips der Reziprozität fragen, warum die in dieser Zeit boomenden  EU-Länder keine Hilfeleistungen an Deutschland gezahlt haben sondern alles in eingene Sozialleistungen und in eigenen Konsum gesteckt haben?


Merkel, Kanzler der Bundesrepublik Deutschland?



Bei allem Wohlwollen für Angela Merkel in all ihren Funktionen muss man sich langsam die Frage stellen, ob ihre Berater und sie jemals an eine Hierarchisierung von Aufgaben und Interessen gedacht haben.

Sie betreibt eine Politik, von der niemand weiß, wohin sie führt. Um überhaupt eine Richtung einschlagen zu können, muss auch ein Bundeskanzler Grob- und Feinziele definieren, wodurch Handlungsabsichten und Handlungen bedingt werden.

„Viele Wege führen nach Rom“, sagt der Volksmund, aber der eine ist kürzer, der andere ist länger und der letzte ist nur eine Aproximation, man nähert sich dem Ziel, ohne dass man real je ankommt, das kennen wir aus der Infinitesimalrechnung.

Angela Merkel ist nicht die „Teflon-Merkel“ wie sie die Amerikaner sehen. Das ist eine oberflächliche Betrachtung, weit entfernt von der Realität.

Richtiger ist die Betrachtung, die in der Rheinischen Post vom 23.01.2012 unter der Überschrift: „Lagarde und Merkel“ vorgenommen wird, weil sie analytisch begründet ist.

Positionen, die Merkel als feste Größe definiert, werden unter dem stetigen Druck von außen langsam und sicher aufgegeben und das „non“ wird zu einen „oui“, die Nicht-Belastung des deutschen Steuerzahlers wird zu einer Belastung. Die nicht-deutsche Politik kann dieses Verhalten Merkels als eine anzunehmende Große in ihre Planung aufnehmen. Das ist höchst gefährlich.

So ist der Schlusssatz des Artikels in der Rheinischen Post kennzeichnend für die Handlungsstrategie Merkels:

„Erst 'non' gesagt, dann doch gezahlt- nach diesem Muster verläuft Merkels Politik in der Euro-Krise seit zwei Jahren.“

Geht man von politischen Handlungszielen der deutschen Politik aus und nimmt das Resultat des Handelns der Frau Bundeskanzler ernst, betreibt sie faktisch den Ausverkauf vitaler deutscher Interessen.

Zu welchem Wohl, das mag nur sie wissen.

Im europäischen Ausland stelle ich aber fest, dass hier konsequent nationale Ziele verfolgt werden, die Europa (sprich Deutschland) nur als Geld- und wirtschaftlichen Impulsgeber betrachtet haben und betrachten.

Das gute Deutschland ist das, das ein sorgenfreies Leben im Überschuss garantierte. In Krisenzeiten wird die dunkle Seite Deutschlands bemüht, die andere zum Maßhalten, zum Sparen zwingt.

Und niemand im europäischen Ausland denkt daran, dass das, was von Deutschland durch Transferleistungen, EU-Krediten, Rettungsschirmen, EZB-Maßnahmen verteilt wurde und wird, von deutschen Arbeitnehmern durch Steuern finanziert ist.

Montag, 23. Januar 2012

Schuldenkrise aus der Perspektive des Elfenbeinturms?


Beraten Ökonomen über die Schuldenkrise der Mittelmeerstaaten, hat man oft den Eindruck, dass die Unwissenheit, Resultat einer wirtschaftswissenschaftlichen Betrachtung ohne Wissenschaft, zu Aussagen führt, die fast ins Lächerliche abgleiten.

Aus dem Kieler Institut für Weltwirtschaft (Bericht in:" boerse-go.de"), hier Elfenbeinturm genannt, sieht man einerseits „die Gefahr einer Staatspleite  in Griechenland, eine Aussage, die mittlerweile auch schon der unbedarfte Bürger auf der Königsallee in Düsseldorf äußern kann, andererseits sehen die Ökonomen, eine „Angst vor dem Dominoeffekt -Griechenland, Portugal, und Spanien“, vergessen aber Italien, Irland und Belgien.

Der Dominoeffekt tritt jedoch nur ein, wenn der Stein Griechenland fällt und Portugal und Spanien in ihren Grundfesten so erschüttert werden, dass sie auch fallen. Andererseits sind die Grundfesten von Portugal und Spanien schon so gelockert, dass sie auch selbst fallen, ohne dass sie des Impulses Griechenlands bedürfen.

Der in der IfW-Analyse genannte „gesellschaftliche Mentalitätswechsel“ ist ein wichtiger Faktor, der ursächlich an der Entstehung der Schuldenkrise beteiligt war. Der intellektuelle Fehler liegt jedoch darin, dass dieser „gesellschaftlicher Mentalitätswechsel“ nicht nur für Griechenland gilt, sondern auch für Portugal, Spanien, Belgien und alle anderen Mitgliedsstaaten der EU und Eurogruppe.

Hier zeigt sich der Kardinalfehler bei der Konstituierung der Europäischen Union, die in der Zusammenführung der „Mentalitäten“ versagt hat. Dieser Fehler hätte auch zu keiner Zeit korrigiert werden können, denn die Zusammenführung von „Mentalitäten“ ist eine heute fast nicht zu lösende Aufgabe. Sie würde in großem Maße zu Identitätsverlust und zu Entwurzelung und Verfremdung der Menschen in den Mitgliedstaaten führen.

Die einzige Möglichkeit, bei der Konstituierung der EU diese unterschiedlichen „Mentalitäten“, das sind geschichtlich-kulturell-soziologische Unterschiede, begrenzt relativieren zu können, hätte zu einem Vertragsvolumen hinsichtlich der Beherrschbarkeit geführt, das die EU ad absurdum geführt hätte.

Die Nichbeachtung dieser Unterschiede haben schließlich ebenfalls die Europäische Idee der „alten Schule“ de facto zum Scheitern gebracht, nur auf politischer Ebene entzieht sich die Erkenntnis noch der Realität.

Das Kieler Institut meint: „Spaniens Wirtschaft steckt ebenfalls in der Krise, doch erreicht die bestehende Schieflage keine griechischen oder auch nur portugiesische Dimensionen.“

Dabei vergessen die Professoren, dass sie nicht kohärent argumentieren, denn wenn sie das Konzept der „Mentalitäten“ weiter gedacht hätten, wäre ihnen aufgefallen, dass man die Dimension eines Landes nicht mit der eines anderen vergleichen kann, weil sie zwangsläufig anders sind. Das heißt jedoch nicht, dass die Schieflage Portugals und Spaniens nicht euro-bedrohend seien.

Mit Verlaub. Sie sind es. Das weiß natürlich nur derjenige, der nicht im Elfenbeiturm sitzt und sein Wissen nicht nur akademischen Aufsätzen oder Statistiken (Vorsicht!) entnimmt, sondern sein Ohr auf den Patienten legt. 

Zwischen Portugal und Spanien liegen Welten, so wie zwischen Frankreich und Deutschland. Nur die relative Verknüpfung zwischen diesen Welten mag für eine Interdependenz von Bedeutung sein.

Da ein Großteil portugiesischer Schuldverschreibungen von spanischen Banken gehalten werden, wird ein Straucheln Portugals zu massiven Problemen in der spanischen Bankenlandschaft führen, die schon angezahlt ist.

Die Rekordarbeitslosigkeit in Griechenland ist gemessen an der spanischen Arbeitslosigkeit, die geschönt bei 22% liegt, fast irrelevant. 

Die autonomen spanischen Regionen sind meist so verschuldet, dass sie bald Hilfsanträge an die Zentralregierungen stellen müssen. Die Gesundheits- und Medikamentenkosten sind explodiert und werden in vielen Regionen nicht mehr bezahlt, so dass die Schulden an nicht bezahlten Medikamenten bald in den zweistelligen Milliardenbereich gehen werden. 

Die extreme Verschuldung der Privathaushalte, die ohne „Privatinsovenz“ auskommen müssen, ist der Mühlstein um den Hals der spanischen Gesellschaft.

Was die angesprochenen Strukturreformen angeht, so kommt man damit zehn Jahre zu spät. Das notwendige Geld ist in den Konsum und die Immobilienspekulation eingeflossen. Es ist schlichweg vernichtet.

Exportorienterung wäre natürlich die optimale Voraussetzung für eine Konsolidierung Spaniens.

Die wirtschaftliche Monokultur Obst-/Gemüse und Tourismus sind aber nicht geeignet kurz- , mittel- oder langfristig die Finanz-/Wirtschaftslage des Landes zu verbessern.

Bei optimalem Erfolg des so genannten Reformkurses wird Spanien ein Jahrzehnt benötigen, um halbwegs auf den Stand des Jahres 2000 zu kommen. Und das nur bei optimalem Wachstum, das bekanntlich kein Dauerzustand ist und auch nicht sein wird.

Eine relative Chance zu Behebung der Krise ist nur bei einem Austritt aus der Euro-Zone möglich, was auch für weitere Euro-Zonen-Staaten gilt.

Die Verwerfungen, die dadurch zwangsläufig entstehen werden, sind das kleinere Übel und das Geld für Rettungskredite und Rettungsschirme wäre besser in eine Umstrukturierung der Euro-Zone investiert worden. Diese Chance ist politisch nicht gewollt worden. 

Der Realitätsdruck wird die Politik jedoch dazu zwingen.

ESM Rettungsschirm soll weiter aufgeblasen werden


Nach einer dapd-Pressemitteilung sprechen sich der italienische Ministerpräsident Monti und der italienische EZB-Präsident Draghi für eine Aufstockung des ESM Rettungsschirms aus und setzten so Deutschland unter Druck.

Draghi schlägt eine 50-pozentige Erhöhung auf 750 Milliarden Euro vor, währenddessen sein Landsmann Monti noch einmal 250 Milliarden zusätzlich für notwendig betrachtet,

Monti, der möglicherweise schon an eine drohende Insolvenz Italiens denkt, möchte seine Sorgen mit einer satten Billion „glatt gebügelt“ sehen.

Sollte es wirklich zu einer solchen immensen Aufstockung des ESM Rettungsschirms kommen, ist mit großer Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass durch den nachlassenden Reformdruck auf die EU-Wackelkandidaten die Obergrenze weiterhin nach oben offen ist.

Für Merkel wird die Sache sehr bedenklich, denn die vom Bundesrat beschlossene Obergrenze, die schon durch diverse Kunstgriffe seitens der EZB unterlaufen wurde, käme dann für Deutschland endgültig in ruinöse Dimensionen, falls sie sich zurzeit nicht schon darin befindet.

Es wäre nun wirklich an der Zeit, dass das Bundesverfassungsgericht einschreitet, denn unsere freiheitlich demokratische Ordnung sollte davon ausgehen, Schaden vom deutschen Volk abzuhalten.

Ob die Politik in Deutschland diese Maxime im Blickfeld hat, ist mittlerweile in Zweifel zu ziehen.

Sonntag, 22. Januar 2012

Löst Prof. Max Otte die Schuldenkrise?

In einem Punkt hat Max Otte uneingeschränkt Recht, wenn er sagt: „ Falls man diese Krise lösen möchte, brauchte man nur den politischen Willen dazu.“

Andererseits ist der politische Wille an sich nur eine Lösungsoption, denn die Komplexität der interagierenden Konstellationen lassen sich nicht unbedingt in eine und alleinige problemlösende Richtung lenken.

Die Schaffung der Europäischen Union und der Euro-Zone zur Entflechtung der Nationalstaatlichkeit in den diversesten Aspekten, von der Verbannung der Kriegsgefahr aus Europa bis hin zu der Öffnung neuer Märkte und dem Abbau der Wirtschaftsbarrieren hat gezeigt, dass es durchaus normal ist, dass bei der Lösung eines Problems viele andere entstehen werden.

Die Komplexität des Europa-Konstruktes hat gezeigt, dass proportional auch die Zahl der Probleme ansteigt, man mag sogar der Auffassung sein, dass sie exponentiell anwachsen.

Jeder politische Wille, und damit ist die Aussage von Otte zum Allgemeinplatz degradiert, ist juristisch und dann nachgeordnet in allen Lebenslagen so durchsetzbar, dass Veränderungen eintreten können.

Den Euro für „eine ganze Reihe von wirtschaftlichen Überhitzungen verantwortlich“ zu machen, ist nichts anderes, als am Thema vorbei zu reden. Es ist nicht der Euro, letzendlich moralisch wertneutral, dem die Verantwortung zu übertragen ist. Es sind, so wie Otte es im Ansatz richtig erkannt hat, die politischen Vorgaben, die leichtfertig und ohne hinreichende Abwägung der Konsequenzen fast ausschließlich auf der Basis von wirtschaftlichen Überlegungen von POLITIKERN auf den Weg gebracht wurden, die im Grunde an vieles dachten, nur nicht an die soziokulturellen Unterschiedlichkeiten in den EU-Länder, die unterschiedliche Denk- und Handlungsstrukturen einbrachten, die gegenseitig nicht verstanden wurden und bis heute nicht verstanden werden.

Auch den Dollar als diejenige Währungsgröße darzustellen, die in Verteidigung ihres „Reservestatus“ den Euro attackiert, kann nur eine Teilbetrachtung der heutigen Problematik sein.

Richtig ist, und somit widerspreche ich Otte aufs Heftigste, der weltweite Verfall des Geld- und damit Handelssystems. Und hier hat noch niemand der großen Ökonomen eine Alternative angeboten, weil sie sich alle, ohne Ausnahmen, in konzentrischen Kreisen um den Geldfluss in der jetzigen Form bewegen, außerstande, durch einen Systembruch neue Denkansätze und Handlungskonzepte zu entwerfen.

Was Otte schließlich vorschlägt, unterstreicht nochmals die Eindimensionalität des ökonomischen Denkens: „Wir brauchen in Europa dringend Haircuts“.

Damit greift er zurück auf eine finanztechnische Rückführung auf den „vorherigen Stand“, das heißt auf ein finanztechnisch abgesenktes Niveau, das Wachstum wieder zulässt, weil vorher Werte vernichtet wurden.

Kurzum: Wir suchen Ersatzhaltungen für das, was vor garnicht so langer Zeit Epidemien und Kriege geleistet habe.

Damit werden uns von den Ökonomen die Grenzen unserer Existenz und Essenz aufgezeigt. 

Annehmen müssen wir sie nicht.

Die Schuldenkrise: Eine Realität jagt die andere


Die Unternehmensberatungsagentur McKinsey ist der Meinung, dass Griechenland aus dem Europäischen Währungsraum austreten solle. „ Es könne der Fall eintreten, dass ein 'geordneter Austritt' aus der Eurozone für Griechenland das kleinere Übel ist, trotz aller damit verbundenen Probleme“. Das ist die Meinung des Deutschlandschefs der Agentur, Frank Mattern, abgegeben in der FAZ Sonntagszeitung.

Die Auswirkungen eines geordneten Austritts Griechenlands auf Länder wie Italien oder Spanien seinen „vermutlich beherrschbar“, so die Darstellung der Agentur AFP vom 22.01.12.

Zu hinterfragen ist die in der Politik und der Presse verwendete Begrifflichkeit des „geordneten Austritts“ oder der „geordneten Insolvenz“ in anderen Beiträgen.

In beiden Fällen handelt es sich um psychologisch geschickte Versuche, dem Leser, dem Bürger schlechthin, die Furcht von dem Unbekannten zu nehmen.

Ist etwas kalkulierbar, dann ist es auch beherrschbar, kurz gesagt, die Politik hat die Lage im Griff.

Ein geordneter Austritt Griechenlands oder auch eine geordnete Insolvenz, die „vermutlich beherrschar“ seien, stehen im Widerspruch zu kalkulierbaren Konsequenzen und sind nur geeignet, eine Art von Opiatwirkung beim Bürger zu erzeugen.

Lassen wir uns nicht hinters Licht führen: So wie es keine allgemeingültigen Rezepte für die Lösung der Schuldenkrise gibt, so ist auch ein Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone nicht so anzusehen, dass alle Faktoren kalkuliert beherrschbar seien.

Die nicht kakulierbare Beherrschung der Problematik jedoch als Grund anzusehen, auf einen Austritt Griechenlands aus der Eurozone zu verzichten, wäre absolut falsch. Man muss eine Entscheidung auf sich nehmen und wenn die Konsequenzen sich abzeichnen, muss man weiter entscheidungs- und handlungsfähig bleiben.

Absolute Sicherheit kann und wird es nicht geben, aber die Strategie, mit immer größeren Geldmengen die Problemlösung erkaufen zu können, hat sich schon jetzt als Fehlspekulation erwiesen.

Wenn man die Europäische Trauergeschichte, früher Erfolgsstory genannt, betrachtet, glaubte man auch, dass die Entwicklung nur in die positive Richtung laufen würde.

Auch die Schaffung der EU und der Euro-Zone war eine Entscheidung mit vielen (teils unbekannten) Variablen, die zu einer nicht beherrschbaren Situation führte.

Wir befinden uns nicht in einer Ausnahmesituation sondern wir sind voll in der Realität.

Wenn man in der diachronen Betrachtung feststellt, dass Realitäten einem konstanten Wandel unterworfen sind,  hat man nicht den Stein des Weisen entdeckt.